Nach dem Beaux Arts Trio 1990 und dem Pacific Trio 2014 ist das Stefan Zweig-Trio die dritte Klaviertrioformation, die sich diese Kombination von Klaviertrios aus der Zeit des Wiener Jugendstils als Programm für eine CD gewählt hat. Das relativ junge Trio (Gründung 2012 in Wien) mit Sibila Konstantinova (Klavier), Kei Shirai (Violine) und Tristan Cornut (Cello) vereint Künstler aus Bulgarien, Japan und Frankreich. Es gelingt ihnen, das spätromanische Erbe und den Aufbruch in harmonisch radikalere Welten in eine eigene klar strukturierte Klangsprache mit jugendlichem Elan zu formen. Und genau das tut etwa dem kunstreichen Klaviertrio in D-Dur des 13-jährigen Erich Wolfgang Korngold ausgesprochen gut. Klangschwelgerei und rauschhaft irisierende Poesie, wie das etwa das Beaux Arts Trio vorgeführt hat, darf sich der Hörer nicht erwarten.
Vielmehr scheinen die Künstler in einen deklamatorischen Trilog zu treten, sie erzählen einander im „Allegro non troppo, con espressione“ verrückte und ausgelassene Geschichten von den Straßen Wiens, den Schalk im Nacken. Nicht das harmonische Miteinander um jeden Preis dürfte die oberste Priorität der Formation sein, alle drei Solisten legen Wert auf ihren persönlichen Ton. Es gilt ja auch, dem anderen was entgegnen zu können, nicht nur miteinander zu schwatzen, sondern auch aufeinander zu schimpfen. Das Spiel des Trios insgesamt ist von einer gewissen Sachlichkeit geprägt, bisweilen birst es, wie im „Scherzo“, vor Kraft und Energie. Mit einem Wort: Sie interpretieren Korngold nicht mit romantisch angestrichener Sehnsucht, sondern eher im Wissen um die Pfade und Errungenschaften der Neue Wiener Schule. Im „Larghetto“ erfasst das Trio mit einer schönen Sanglichkeit im Ausdruck die emotionale Ambivalenz, das Ohr weit zum jeweils anderen hin geöffnet. Im Finale trumpft Korngold opernhaft auf, klassische Formen mit der süßen Glasur des Überschwangs zierend. Trotz allem kompositorischen Dickicht bleibt das Spiel des Stefan Zweig Trios auch hier stets präzise, klar und transparent. Mit Rasanz geht es ans Ende.
Alexander Zemlinsky gewann mit dem hier vorgestellten Klaviertrio in D-Moll (allerdings als Klarinettentrio) den dritten Platz bei einem vom Wiener Tonkünstlerverein ausgeschriebenen Wettbewerb für Kammermusik 1896. Der 25-Jährige Zemlinsky ist in diesem feinen dreisätzigen Werk noch weit von der erfinderischen Kühnheit späterer Werke entfernt, auch im Vergleich zum jüngeren Korngold kann er nicht mit dessen frechem Eigenprofil punkten. Dennoch treten im „Allegro ma non troppo“ explosive Leidenschaften ans Licht, die das Stefan Zweig Trio passioniert nachempfindet. Im Andante findet das Trio einen entrückt verträumteren, sanfteren Ton, bevor das Allegro den Musikern noch einmal Gelegenheit bietet, alle spieltechnischen Register mit Bravour zu ziehen. Besonders begeistert mich die Pianistin Sibila Konstantinova, die mit hinreißender Energie die musikalischen Stadt-Landschaften durchpflügt und das Trio zu dynamisch spannender Kammermusik anstachelt.
Als gelungen darf auch das Cover der CD gelten, mit dem einsamen Zebra, dessen Streifen sich vom Körper ablösen und sich wie Stoffbänder leicht in die Lüfte schlängeln.
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