Kolumne von Susanne Falk.
Irgendetwas stimmte nicht, von Anfang an. Der Ton macht ja angeblich die Musik und der Erzähler macht das Buch. Dieser Erzähler hier war falsch. Wie es ist, sich rechtzeitig zu irren.
Vor (fast) allem anderen kommt die Form. Man muss sich entscheiden. Hat man sein Thema gefunden, seine Hauptfigur oder vielleicht auch nur den einen Satz, der einem nicht aus dem Kopf gehen will, wählt man die Textsorte. Vom Roman übers Gedicht bis zum Drehbuch ist da alles möglich, aber es gibt sie eben doch, die eine, perfekte Form für die Geschichte. So viel zum Thema „Filmadaption“ oder gar „Bühnenadaption“: Die Autorin hat sich sehr wohl etwas dabei gedacht, ihre Geschichte als Novelle auszuführen.
Gleich danach sucht man den richtigen Ton. Der kommt in der Regel mit der Hauptfigur. Diese kann nur auf die eine, ganz bestimmte Art und Weise sprechen. Doch leider klingt die Figur gar nicht, wie sie sollte. Plötzlich ist nichts, aber auch gar nichts mehr stimmig. Wer spricht denn da auf einmal? Was läuft da falsch?
In der Schule hat man Ihnen bestimmt mal etwas über Ich-Erzähler in der Literatur beigebracht. Hier eine kurze Ergänzung: Ich-Erzähler sind die Pest! Keine Erzählperspektive ist in der Prosa so schwer durchzuhalten wie die des Ich-Erzählers. Wie jeder Egomane interessiert der sich nämlich nur für das, was er (oder auch sie) selbst wissen, sehen und erfahren kann. Das schränkt einen im Schreibprozess zuweilen stark ein.
Ich beginne also meine Novelle und was tut die Hautfigur? Redet unablässig auf mich ein, als Ich-Erzähler. Mühsamst! Das Ganze kommt schon nach zwei Seiten an seine Grenzen. Die Figur plaudert zu viel, dabei war der ursprüngliche Gedanke der gewesen, dass die Hauptfigur nichts sagt. Nie. Zu niemandem. Und nun das: ein verdammter Ich-Erzähler! Aber das zu erkennen, nämlich dass hier die falsche Person redet, hat mich mindestens zwei Wochen gekostet. Als ich auf einen auktorialen Erzähler umsteige, sind alle Blockaden verschwunden. Jetzt kann es endlich richtig losgehen.
Das ist im echten Leben auch nicht anders: Erst wenn man die Perspektive wechselt, erschließt sich das volle Panorama. Dann bekommt man mit, was hinter dem eigenen Rücken geschieht. Doch dazu muss man sich tatsächlich einmal umdrehen. Einen anderen Standpunkt einzunehmen, die Perspektive zu wechseln, fördert Empathie und gibt vor allem der Hauptfigur den nötigen Raum, um sich frei zu entfalten. Und man möchte ja auch im eigenen Leben die Hauptfigur sein und nicht zum Sidekick degradiert werden.
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