Kolumne von Susanne Falk.
Na, Holladiewaldfee! Ist das jetzt die große Konkurrenz aus dem Internet? Muss ich mir Sorgen um meinen Job machen? Werden Schriftstellerinnen wie ich demnächst nicht mehr benötigt? Oder ist ChatGPT kompletter Quatsch?
Natürlich war ich neugierig. Das sind ja wohl alle derzeit. Also hab ich das Programm mit den wichtigsten Angaben zu meinem aktuellen Werk gefüttert und das kam dabei heraus:
„In den verbrannten und zerstörten Landschaften von Verdun, nach dem Ende des Großen Krieges, war ein Mann zu sehen, der schweigend seiner Arbeit nachging. Er war der Totengräber des Dorfes, ein stiller Zeuge des Schmerzes und des Leids, das hier herrschte.“
Das ist der Anfang meiner Totengräbergeschichte, wie ihn mir ChatGPT vorschlägt. Ich hab extra um ein bisschen Flair a la Erich Maria Remarque gebeten. Wenn schon, denn schon, dachte ich. Dass die Hauptfigur schweigt und dass der Fokus auf die Einsamkeit der Figur in zerstörter Landschaft gelegt wird, war nicht Teil der Vorgabe. Da hat es mich dann schon mal ganz kurz aus den Socken gehauen. Aber eben nur kurz. Denn der Text selbst war dann doch so langweilig, dass ich mir getrost die Socken wieder anziehen und mich aufs Sofa hauen konnte, um dort weiter zu tippen. Zum Vergleich, das hier wäre der echte Anfang (nach derzeitigem Stand) meiner Novelle vom Totengräber:
„Sie tut nichts zur Sache, die Frage nach der Herkunft. Wir alle kommen von irgendwoher und wir alle gehen irgendwohin. Wem nützt es zu sagen, ich komme aus einem Dorf in… Ich wurde geboren im Jahre…? Dörfer gibt es viele und wir alle wurden geboren, irgendwann.
Dieser eine hier trägt keine Herkunft mit sich herum. Stattdessen geht er vorsichtig zwischen Gräbern – denen, die schon da sind und denen, die noch kommen werden.“
Also, ich glaube, da muss die KI dann doch noch ein bisschen mehr kreatives Potenzial entwickeln. Aber nichtsdestotrotz lag die Maschine zumindest bei der Hauptfigur nicht total daneben. Finde ich das nun gut oder schlecht? Bleibt es ein Spielzeug für schummelnde Schüler und Studentinnen oder wird es noch so richtig spannend in baldiger Zukunft? Ich kann das, ganz ehrlich, nicht abschätzen.
So, und nun muss ich ein paar wirklich fürchterliche Plots entwickeln und schauen, was die Maschine mir dazu anbietet. Grimms Märchen kann das Ding bestimmt auch. Ob bei der Geschichte von Hänsel und Gretel am Ende wohl ein Splatterkrimi herauskommt? Ich halte Sie auf dem Laufenden!
P.S.: Ich konnte es natürlich nicht lassen. Hänsel und Gretel als Splatterkrimi a la ChatGPT– voilà!
„Es waren einmal ein Bruder und eine Schwester, Hänsel und Gretel, die in einem kleinen Dorf lebten. Sie waren bekannt für ihre unersättliche Gier nach Blut und Tod. Eines Tages entführten sie ein kleines Mädchen, das sie in den tiefen, dunklen Wald brachten.
Sie bauten ein kleines Haus aus Knochen und Fleisch, in dem sie ihr Opfer gefangen hielten. Nachts schliefen sie friedlich in ihrem Bett, während das Mädchen laut schrie und um Gnade flehte.“
Und das war erst der Anfang. Das wurde noch viel ärger… Lustig war nur, dass es mir Hänsel und Gretel nicht im Stile Bridgertons servieren wollte. Das sei verstörend, so ChatGPT. Aha, klar. Hätten wir das also auch geklärt. Erotik pfui, Morden hui. ChatGPT geht eindeutig auf einen amerikanischen Entwickler zurück…
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Liebe Susanne Falk,
herzlichen Dank für Hänsel und Gretel. So wunderbar – grauslig :-)
Wir Schreibenden, KI und ChatGPT werden noch so manche wundersame Begegnungen miteinander haben. Ich empfehle LinkedIn. Dort entstehen gute Gedanken zum Thema. Kritische. Konstruktive.