Der Start des neuen Wagner-„Rings“ am Royal Opera House, London, hat begonnen und ist noch in einigen auserlesenen Kinos bis zum 5. November 2023, im Radio und auf BBC Sounds zu erleben.
Von Barbara Röder.
In London rheingoldet es wieder!
Regisseur Barrie Kosky und Musikzauberer Antonio Pappano warten mit einem eindrucksvollen „Rheingold“ auf. Premiere war im September 2023 am traditionsreichen Royal Opera House, London. Musikalisch ist dieses „Rheingold“ eine Sensation. Pappano durchdringt die komplexe Partitur so meisterlich intelligent wie kaum ein Dirigent zurzeit. Er meißelt die Motive, lässt das Gold, die Farben, die Emotionen aus der Partitur fließen. Sein musikimminentes, philosophisch profundes Wissen versetzt in Staunen.
Seit dem letzten „Ring“, den Keith Warner monumental, brillant in Szene gesetzt hatte, auch dort war Pappano der musikalische Spiritus Rector, erleben wir jetzt etwas Neues, Anderes, nämlich ein mit Überraschungseffekten gespicktes Musiktheater à la Kosky. Glitzer, Glamour und Dark Spirit-Moments beherrschen das Covent Garden „Rheingold“. Der Vorabend des „Rings“ wird aus dem Blickwinkel von Erda geschildert. Erda sieht zu, wie die verkohlte „Esche der Welt“ in den Mittelpunkt von Koskys Inszenierung gezogen wird. Aus dieser schwarzen Esche rinnt das flüssige Gold, das die Welt in den Händen der Machtbesessenen verändern wird. Als „Mother Earth“ wandelt die nackte, alte, ausgemergelte Erda, die Schauspielerin Rose Knox-Peebles, umher und lässt die Blicke schweifen. Vom Scheinwerferlicht angestrahlt, dreht Erda sich im Regenbogenfinale um ihre eigene Achse, während die Wotanfamilie in Glitter und Glamour im Farbgewitter tanzt und versinkt.
Stimmlich überzeugen die Sängerdarsteller des „Rheingolds“ nicht vollends. Die dauernde Überdrehtheit und das lauthalsige Lachen des Loges (Sean Panikkars) täuschen ein wenig über stimmliche Diktionsprobleme hinweg. Alberich (Christopher Purves) spricht mehr, als dass er singt. Aber er ist ein guter Akteur. Christopher Maltmann hält sich als Wotan baritonal sehr zurück. An vielen Stellen unverständlich wirkt der Fricka-Gesang von Marina Prudenskaya. Mit überragend frisch und klarer Stimme überzeugt Kiandra Howarth als Freia und die aus dem Off tönende Erda von Wiebke Lehmkuhl. Da Kosky in einem Bühnengespräch darauf verwies, dass „Das Rheingold“ ein reines Konversationsstück sei, könnte dies einer der Gründe sein, warum eher Sprechgesang bei den Rheingoldprotagonisten vorherrscht.
„Ich möchte irgendwie diese Welt entwickeln, die einerseits voller erkennbarer menschlicher Wesen mit all ihren Fehlern, Ängsten, Lieben und Hassen ist, aber gleichzeitig möchte ich mich mit etwas beschäftigen, das episch, mythologisch und unerklärlich ist“, lässt Kosky in einem Interview, das im Programmheft gedruckt ist, verlauten. 2027 soll der komplette „Ring“ abgeschlossen sein.
Die neue Inszenierung von „Das Rheingold“, dem ersten Teil des kompletten Zyklus‘ von Wagners „Ring“ für das Royal Opera House, London, ist noch bis zum 5. November 2023 in vielen Kinos nachzuerleben.
Karten unter www.rohkinokarten.com
Im Radio ist die Produktion hier noch bis 7.11. 2023 nachzuhören.
Produktionseinführung des Royal Opera Houses und das Gespräch mit Barrie Kosky und Antonio Pappano:
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In London, „Rheingold“ is shining again!
Director Barrie Kosky and musical wizard Antonio Pappano present an impressive „Rheingold.“ The premiere took place in September 2023 at the prestigious Royal Opera House, London. Musically, this „Rheingold“ is a sensation. Pappano masterfully navigates the complex score in a highly intelligent manner, a feat few conductors can match at present. He chisels out the motifs, letting the gold, colors, and emotions flow from the score. His profound musical and philosophical knowledge is awe-inspiring.
Since the last „Ring,“ monumental and brilliantly staged by Keith Warner, where Pappano was also the musical guiding spirit, we now experience something new and different – a music theater peppered with surprises, a la Kosky. Glitter, glamour, and dark spirit moments dominate the Covent Garden „Rheingold.“ The precursor to the „Ring“ is portrayed from Erda’s perspective. Erda watches as the charred „Ash of the World“ is brought to the forefront of Kosky’s production. From this black ash flows the liquid gold that will change the world in the hands of the power-hungry. As „Mother Earth,“ the naked, old, emaciated Erda, portrayed by actress Rose Knox-Peebles, roams and gazes. Illuminated by spotlight, Erda spins around her own axis in the rainbow finale while the Wotan family dances and sinks into the color storm in glitter and glamour.
Vocally, the performers of „Rheingold“ do not entirely convince. The constant overacting and loud laughter of Loge (Sean Panikkars) somewhat mask vocal diction issues. Alberich (Christopher Purves) speaks more than he sings, but he is a good actor. Christopher Maltman, as Wotan, maintains a restrained baritone. The Fricka singing by Marina Prudenskaya seems unclear in many places. Kiandra Howarth convinces with an outstandingly fresh and clear voice as Freia, and Wiebke Lehmkuhl’s Erda, resonating from the offstage, is impressive. Since Kosky mentioned in a stage conversation that „Das Rheingold“ is purely a play of conversation, this might be one of the reasons why spoken singing prevails among the Rheingold protagonists.
„I want to somehow create this world that, on one hand, is full of recognizable human beings with all their mistakes, fears, loves, and hatreds, but at the same time, I want to deal with something that is epic, mythological, and inexplicable,“ Kosky states in an interview printed in the program booklet. The complete „Ring“ is expected to be completed by 2027.
The new production of „Das Rheingold,“ the first part of Wagner’s complete „Ring“ cycle for the Royal Opera House, London, can still be experienced in many cinemas until November 5, 2023.
Tickets: www.rohkinokarten.com
On the radio until November 7, 2023: BBC Sounds – Music. Radio. Podcasts