Er gab dem Sadismus seinen Namen: Der Marquis de Sade. Durch Heirat reich geworden, lebt er hemmungslos und weit über dem hinaus, was im späten 18. Jahrhundert einem adeligen Libertin zugestanden wurde. Orgien, Gruppensex, zu dem er Frauen gezwungen haben soll, Folter, gotteslästerliche Handlungen finden sich in den Aufzeichnungen des damaligen Pariser Inspektors Louis Marais, der de Sade mehrfacht verhaftete. Nach mehreren Fluchtversuchen landete der Marquis schließlich 1777 im Gefängnis. Hier entstanden viele seine Werke, darunter „Die 120 Tage von Sodom“ und „Die unglücklichen Schicksale der Tugend“. Richtig verlassen sollte er das Gefängnis nie mehr. Nach der Revolution r für einige Jahre in Freiheit, kam er erneut hinter Gittern, wo er dem Todesurteil nur durch den Sturz Robespierres entkam. Er starb 1814 im Alter von 74 Jahren.
Zahlreiche Biographien sind seither über den südfranzösischen Adeligen erschienen. War er ein Sadist, Verbrecher, Geisteskranker oder doch ein Aufklärer? Der Historiker Volker Reinhardt, 1954 geboren und Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, nähert sich de Sade von der philosophischen Seite. Er studierte auch anhand von Quellen aus dem 18. und 19. Jahrhundert Kindheit und Jugend des Marquis, aber auch Flucht und Gefangenschaft und seine Rolle während der Französischen Revolution sowie vor allem seine philosophischen Romane.
Deutschlandradio Kultur fasst zusammen: „Reinhardt versucht verdienstvollerweise keine gültige Deutung, sondern fokussiert seine Biografie auf die philosophische Kernfrage nach dem Bösen in ihrem sozio-historischen Umfeld. Und unter diesem Aspekt wird der adelige Wüstling, der „unglückliche Zweibeiner“, wie er sich selbst bezeichnete, zweihundert Jahre nach seinem Tod noch einmal interessant.“
FAZ net hält fest: „Volker Reinhardt erzählt die Lebensgeschichte auf den Spuren seiner Vorgänger routiniert. Maurice Levers Biographie aus den neunziger Jahren – auch auf Deutsch erschienen, aber lange schon vergriffen – wird man da zwar immer noch den Vorzug geben. Aber im Gegensatz zu Lever geht Reinhardt auch recht ausführlich auf de Sades Werk ein; und im Gegensatz zum Emphatiker Gilbert Lély tut er das nicht mit dem Gestus der rückhaltlosen Bewunderung, sondern nüchtern.“
Focus online meint: „Reinhardt, eigentlich ein Experte für die Renaissance, ist wieder ein fesselndes Buch gelungen, das der Komplexität de Sades hervorragend gerecht wird.“
Volker Reinhardt
de Sade: oder die Vermessung des Bösen
C.H. Beck Verlag, München 2014
Leseprobe_De Sade oder die Vermessung des Bösen
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