Von Barbara Hoppe.
Hell und licht ist der große Raum. Der Fußboden ist weiß, die Wände ebenso. Hier hängen sie, die großformatigen Bilder von Paola Neumann. Das Auge bleibt hängen an den klaren Farben, intensiv leuchtend, unspezifisch in der Form. Sie lassen viel Raum für eigene Gedanken und Interpretationen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und während die einen an den amorphen Formen verzweifeln, ihnen bisweilen davor schwindelt, lassen sich die anderen hineinfallen ins Bild, in die Assoziation, ins Trudeln und Taumeln. Paola Neumann selbst nennt ihre Kunst „produktive Verunsicherung“. Auf ihren Bildern verschwimmen die Grenzen. Farbfelder gehen ineinander über, lösen sich auf.
So leicht und luftig die Ölbilder wirken, so viel Arbeit steckt dahinter. Viele Monate arbeitet die Künstlerin daran. Zuerst ist da eine vage Idee, die sich entwickelt, breit macht, ihren Weg nach außen sucht. Erste Aquarellentwürfe entstehen, aus denen sie einige wenige für die Leinwand auswählt. Dann beginnt ein langwieriger Prozess. Paola Neumann erklärt ihn so: „Nach zweifacher Leimung und mindestens acht Grundierschichten sowie mehreren Zwischenschliffen erfolgt eine mehrschichtige Acryluntermalung. Der darauf folgende langwierige Bildaufbau in Ölfarbe benötigt mindestens 15-30 Schichten opaker und lasierender Schichten, bis die Bilder die gewünschte Dichte und Präsenz erreichen. Dabei arbeite ich ausschließlich mit dem Pinsel. Zuletzt sind auf dem fertigen Bild nur noch wenige Pinselspuren sichtbar und die Oberfläche ist seidenmatt glänzend.“
Dem Betrachter bleibt nichts als schweigend davor zu stehen und der Versuchung zu widerstehen, mit der Hand über die glatten Oberflächen zu fahren. Stattdessen träumt man sich weiter in die Bilder hinein. Die Eindrücke begleiten einen auch dann noch, wenn man das Atelier längst verlassen hat.
Kaum draußen, staunt man ein weiteres Mal. Denn Paola Neumanns Atelier befindet sich in der KünstlerInnengenossenschaft „Wiesenstrasse 29 eG“, einem Gebäudekomplex, der 1957-58 für Druckmaschinenwerke ROTAPRINT gebaut wurde und sich dem Stil des Bauhaus verpflichtet sah. Nach langen Kämpfen erwarb die Genossenschaft das Haus 2009. Der Bau spekulativer Lofts konnte damit abgewendet werden. Stattdessen bietet das Baudenkmal Bildenden Künstlern und Künstlerinnen, Selbständigen, Kleingewerbe und sozialen Projekten ideale Arbeitsbedingungen. Hier spürt man noch die Atmosphäre des alten Berlin und rauen Weddings, wenngleich die Neubauten näher rücken.
Rund 30 Künstlerinnen und Künstler arbeiten hier und füllen das Haus mit Leben. Am 9. September 2018 findet der Tag des Offenen Ateliers statt. Es lohnt, einen Blick hineinzuwerfen!
Wiesenstraße 29 e.G.
Wiesenstraße 29
13357 Berlin-Wedding
Sonntag 9. September 2018
Tag des offenen Denkmals
Führung: 11:00 Uhr, Treffpunkt: vor der Hauseingangstür
Tag der offenen Ateliers
12 bis 20 Uhr
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