„Ihre Blumen des Bösen strahlen und funkeln wie Sterne. Machen Sie weiter so. Ich rufe Ihrem energischen Geist mit aller Kraft ein Bravo zu“, lobte Victor Hugo begeistert, als „Die Blumen des Bösen“ (Les Fleurs du Mal) von Charles Baudelaire 1857 erschienen. Doch mit dieser Meinung stand der große Romanautor recht alleine da. Die Zeitgenossen Baudelaires verurteilten die Gedichtsammlung aufs Schärfste, klagten den Autor wegen Gotteslästerung und Beleidigung der öffentlichen Moral an und verurteilten den Unglücklichen zu 300 Francs Strafe, die erst durch die Intervention der Kaiserin Eugénie auf 50 Francs herabgesetzt wurde. Doch die Zerstückelung der Sammlung konnte dies nicht mehr retten. Baudelaires Poesie war ein Skandal: Statt romantischer Gesänge dichtete der durch Krankheit und finanzielle Nöte Gezeichnete über den Großstadtmenschen und seinen Widerwillen am Dasein. Die Grundstimmung des Werkes ist düster, geprägt von einer Faszination gegenüber dem Morbiden, Hässlichen und der Verdrossenheit.
Nur zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung der „Blumen des Bösen“ starb Charles Baudelaire im Alter von 46 Jahren, nachdem er schon ein Jahr zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.
An sie, die allzufroh
Dein Haupt, dein Blick, dein Gang
Sind schön wie die schönsten Auen,
Wie frischer Wind im Blauen
Spielt Lachen dir um Augen, Mund und Wang
Der Gram, der dein Auge feuchtet,
An jener Kraft zerbricht,
Die hell wie klares Licht
Von deinen Armen, deinen Schultern leuchtet.
Die Farben in grellem Glanz,
Die dein Gewand bedecken,
In Dichters Geist erwecken.
Ein Bild von lieblich leichtem Blumentanz.
Die tollen Kleider passen
Zur Tollheit, deren Macht
Mich so zum Narren macht,
Dass ich dich glühend lieben muss und hassen.
Oft wenn im lichten Park
Ich schleppe meine Qualen,
Fühl‘ ich die Sonnenstrahlen
Wie Hohn mir brennen tief in Hirn und Mark.
So schwer ins Herz mich trafen
Des Frühlings Glanz und Glut,
Dass ich in heisser Wut
Auf Blumen schlug, um die Natur zu strafen.
So möcht‘ ich einst zur Nacht,
Wenn der Wollust Stunden klingen,
Zu deinen Schätzen dringen,
Ein Feigling zu dir kriechen stumm und sacht.
Dich züchtigen, du Gesunde,
Zerpressen deine Brust,
Ins blühende Fleisch voll Lust
Dir schlagen eine breite, tiefe Wunde.
Und – Wollust unerhört! –
Durch dieser Lippen Reine
Giess‘ ich das süsse, feine,
Mein schändlich Gift, das, Schwester, dich zerstört.
Anlässlich des 150. Todestages liegt bei Rowohlt eine Neuübersetzung von „Les fleurs du mal“ vor.
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Der Übersetzer, Simon Werle, erhält für seine Leistung den mit 10.000 Euro dotierten Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis 2017. Die Preisverleihung mit Lesung findet am 7. September um 19 Uhr im Konferenzgebäude des Saarländischen Rundfunks in Saarbrücken statt.
Charles Baudelaire
Les Fleurs du Mal – Die Blumen des Bösen
Rowohlt Verlag, Hamburg 2017
Coverabbildung ©Rowohlt
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