Zeige mir, was du sammelst, und ich sage dir, wer du bist: Die fast zweihundert Werke moderner Kunst aus der Sammlung Helmut Klewan enthüllen den Blick des Kunsthändlers. Sie sind derzeit in der Orangerie des Schlosses Belvedere in Wien zu sehen.
Stephan Reimertz mustert eine der originellsten Kunstsammlungen unserer Zeit.
Nichts verrät den Menschen so sehr wie seine Kunstsammlung. Man kann bedeutende Werke zu einer unbedeutenden Sammlung zusammenstellen. Das ist etwa bei der Sammlung Batliner in der Wiener Albertina der Fall. Bedeutende Werke von Monet bis Picasso sind hier nach Schulbuch zusammengetragen. Einer, der sein Geld an die Wand hängen will, fragt sich: Was könnte man mal sammeln? Ein eigenes, spezifisches Auge verrät diese Versammlung nicht. Ein großer Sammler wäre einer, der Werke, deren Bedeutung noch nicht sichtbar ist, zu einer bedeutenden Sammlung komponiert. Die Sammlung selbst ist das Kunstwerk. Helmut Klewan, 1943 geborener Kunsthändler, zeigt derzeit seine Sammlung im Unteren Belvedere in Wien der Öffentlichkeit. Sie besticht durch eindeutige Prioritäten und eine klare Linie. Klewans gattungsmäßige Vorliebe liegt im Selbstporträt, seine formale im Surréalismus. Setzt er auch ausschließlich auf bekannte Namen wie Beckmann, Schlichter, Chirico, Picasso, Dubuffet, Giacometti, Dalí, Wotruba, Masson, Lassnig etc., zeigt sich doch in der Komposition der Sammlung, der Abstimmung der Bilder aufeinander und vor allem dem hohen qualitativen Niveau das unbestechliche Auge des echten Sammlers.
Ein kritischer Katalog dieser Kollektion wäre ein lohnendes Unterfangen. Denn die Sammlung hält neben bekannten Blättern manche Trouvaille bereit, wie zum Beispiel eine Porträtzeichnung von Ernst Jünger, vom Autor signiert, aus der Hand von Rudolf Schlichter. Hier erführe man gern, ob es sich um eine Vorzeichnung zu Schlichters bekanntem Jünger-Porträt handelt. In seiner Liebe zum Surréalismus zeigt sich Klewan, der inzwischen Mitte Siebzig ist, als ein von der Wiener Szene geprägter Kunstfreund. In Wien erlebte der Surréalismus in den fünfziger Jahren eine zweite Blüte, (nicht zuletzt, weil diese Kunstrichtung Wien in den zwanziger Jahren kaum erreicht hatte). Besonders die erotischen Blätter, die Klewan sein eigen nennt, sind von hohem Reiz. Werkgruppen wie die kleinformatigen Selbstporträts als Pierrot von A. F. J. Henrion – der uns auch als unvergessliches Ausstellungsplakat überall in der Stadt entgegengrient – zeigen Nähe zu einem surréalistischen Manierismus. Insgesamt ist Klewans Sammlung wie die Welle einer anderen Realität, die über uns hinwegschwappt und uns verunsichert. Und das ist das Beste, was man von einer Sammlung sagen kann. Bei einem Kunsthändler, der zugleich Sammler ist, hat man freilich immer das Gefühl, dass er die besten Werke für sich behält. Ist auch Helmut Klewan selbst sein bester Kunde?
Sammlung Klewan. Porträt(s) der Moderne
Ausstellung bis zum 11. Juni 2017
Katalog zur Ausstellung
Unteres Belvedere / Orangerie
Rennweg 6
1030 Wien
Öffnungszeiten:
täglich 10 bis 18 Uhr
mittwochs 10 bis 21 Uhr
13 Euro/10 Euro
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