Ein Interview
Marc Peschke beschäftigte sich schon während des Studiums mit Fotografie, eröffnete eine Galerie in Wiesbaden, begleitete zahlreiche Kulturprojekte, schreibt als Kulturjournalist und ist bereits seit Jahren auch mit eigenen Fotoserien erfolgreich.
Feuilletonscout: Wenn Sie dem Menschen Marc Peschke eine Eigenschaft zuordnen müssten, welche wäre es?
Marc Peschke: Ein bisschen aktionistisch.
Feuilletonscout: Hilft Ihnen diese Eigenschaft bei Ihrer Arbeit als Fotograf?
Marc Peschke: Ein wenig, ja.
Feuilletonscout: Sie haben Kunstgeschichte, Literaturwissenschaften und Ethnologie studiert. Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Marc Peschke: Schon als Kind habe ich gerne fotografiert. Es war mein Vater, der mich da stark geprägt hat. Schon während meines Studiums habe ich mich mit Fotografie, Fotokunst und Fotogeschichte befasst und habe dann schließlich auch eine Magisterarbeit über Hans Bellmer geschrieben, einen surrealistischen Fotokünstler und Grafiker. Diese Arbeit wollte ich zur Promotion entwickeln, habe sie aber nicht abgeschlossen, weil mir andere Projekte wichtiger waren. Ich habe nach dem Studium dann mit zwei Freunden eine Galerie für Fotokunst in Wiesbaden eröffnet, Kunstfestivals organisiert – und damals auch schon viel über Fotokunst und andere Kulturthemen publiziert.
Feuilletonscout: Was fasziniert Sie daran?
Marc Peschke: An der Fotografie fasziniert mich ihre Erdung in der Realität – dem was tatsächlich gewesen ist. Diese Realität in eine andere, künstlerische Wirklichkeit zu verwandeln, ist faszinierend.
Feuilletonscout: Suchen Sie sich die Projekte oder kommen diese zu Ihnen? Wie finden Sie Ihre Motive, Serien?
Marc Peschke: Meine Motive und Serien begegnen mir zumeist auf Reisen. Doch suche ich bevorzugt Orte auf, die interessante Begegnungen ermöglichen. Sagen wir so: Es würde für mich nicht so viel Sinn machen, in der Mitte Berlins oder im Bankenviertel Frankfurts zu fotografieren – andere Orte sind für mich spannender: vor allem solche im Ausland, die ein wenig aus der Zeit gefallen sind.
Feuilletonscout: Sie sind viel gereist. Die Serie „After This Darkness There Is Another“ , eine Art fragmentarisches Tagebuch, entstand auf diese Weise. Braucht man immer die physische Reise, um künstlerisch tätig zu sein oder kann man auch durch die Kunst an sich reisen? Indem, wie man sie schafft und betrachtet?
Marc Peschke: Meine Arbeiten ziehen Kraft aus eine gewissen Exotik und auch Nostalgie, daher brauche ich in jedem Fall das Unterwegssein, um Kunst zu schaffen. Ob der Betrachter durch Kunst reisen kann? Auf jeden Fall: Man muss nicht physisch an einem Ort gewesen sein, um ein Gefühl für ihn zu bekommen.
Feuilletonscout: In Ihrer Serie „The Cubes“ reisen Sie auch in gewisser Weise. Zurück in die Tradition der Kunst des 20. Jahrhunderts, aber auch durch das, was die Konsumgesellschaft an Kommunikation zurücklässt. Warum?
Marc Peschke: „The Cubes“ hat verschiedene inhaltliche Aspekte. Es geht tatsächlich auch im die Hinterfragung von Kommunikation, von der Eingängigkeit von Sprache. Es geht aber auch um eine Reise zu Dingen und Orten, die im Verschwinden begriffen sind, die es bald so nicht mehr geben wird. Also ja: Auch diese Serie hat mit dem Reisen zu tun.
Feuilletonscout: Mit der Reihe „Maschera“ rücken Sie das Bild-Negativ in den Vordergrund Ihrer Arbeit, ein Bildzustand, der im eigentlichen Sinne durch die Digitalfotografie nicht mehr existiert. Mit Ihren Arbeiten tauchen Sie ein in das Dunkel des Computers und holen aus ihm Bilder, die den geheimnisvollen Reiz alter Fotografien bewahren. Sind Sie ein Nostalgiker?
Marc Peschke: In gewisser Weise schon, doch geht es in meinen Serien schon auch immer um eine Konfrontation von Altem und Neuem – sie sollen auch als ästhetischer Kommentar auf die politischen und sozialen Veränderungen unserer Zeit verstanden werden. Ich mag es allerdings sehr, wenn die Anmutung meiner Bilder nicht zu neu, zu fehlerfrei, zu technisch ist.
Feuilletonscout: Sie möchten Bildwelten entwerfen. Ist Ihnen der technische Vorgang des Fotografierens gleichgültig?
Marc Peschke: Der technische Vorgang selbst ist mir tatsächlich nicht so wichtig. So ist es bei „Maschera“ eigentlich unnötig zu wissen, ob die Bilder digital oder analog entstanden sind.
Feuilletonscout: Wie möchten Sie, dass der Betrachter auf Ihre Werke blickt?
Marc Peschke: Ich möchte Überraschung auslösen, auch mag ich es, wenn die Bilder als rätselhaft wahrgenommen werden und sich nicht zu leicht erklären. Unbedingt sollte der Betrachter die Arbeiten als originell und ungesehen empfinden. Im besten Fall sollte er sagen können: Wow. So etwas habe ich noch nicht gesehen!
Feuilletonscout: Haben Sie einen künstlerischen Traum?
Marc Peschke: Nein, die Dinge entwickeln sich Schritt für Schritt, mal schneller, dann wieder langsamer. Es gibt kein besonderes Projekt, von dem ich träumen würde.
Feuilletonscout: Was kommt als nächstes?
Marc Peschke: Nach dem ich drei Jahre in Wiesbaden ein Kulturbar-Projekt mitbetrieben habe, stecke ich aktuell viel Zeit in eine neue Galerie, die ich gemeinsam mit einem Freund in Wertheim am Main aufbaue. Das „Atelier Schwab“ ist schon jetzt einer der originellsten Kunsträume zwischen Frankfurt und Nürnberg. Für mich selbst stehen in diesem Jahr auch noch mehrere Gruppen- und Einzelausstellungen in Chemnitz, Frankfurt und Wertheim an. Aber am besten ist ja, dass man oft gar nicht weiß, was als nächstes kommt! The future is unwritten.
Vielen Dank für das Gespräch, Marc Peschke!