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Ein Muss für alle neugierigen Freunde von Kammermusik: Das casalQuartett spielt Anton Eberl

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Feuilletonscout Das Kulturmagazin für Entdecker MusikVon Ingobert Waltenberger.

“Beyde (Anm.: Beethoven und Eberl) zeichnen sich durch sehr viel Genie, aber doch auch durch sehr viel Sonderbarkeiten und Bizarrerien aus, die man dem Genie verzeihen muss. Eberls Kraft wirkt mehr aufs Ganze, als auf einzelne Teile. Mit feurigen lebenden Koloriten stellt er kräftige Gestalten vor unsere Seele, die uns mit wunderbarer Macht ergreifen, wenn gleich noch zuweilen zu viele wilde ungezähmte Stärke sichtbar ist.“ Aus einem Reisebericht von Julius Wilhelm Fischer 1802

Anton Eberl ist ein guter Freund. 2000 hörte ich erstmals von diesem echten Wiener Kind, der als Zeitgenosse von Mozart und Beethoven als Pianist, Komponist, Kapellmeister und Klavierlehrer erfolgreich war. Dank sei dem unermüdlichen Forschungsdrang des Concerto Köln und des damaligen Konzertmeisters Werner Ehrhardt, der die drei Symphonien in C-Dur, Es-Dur und d-Moll von Eberl herausbrachte. Immerhin stand Eberls Symphonie Op. 33 in Es-Dur auch bei der Uraufführung von Beethovens dritter Symphonie auf dem Programm und wurde von Zuhörern und Kritikern als das bessere Werk aufgenommen.

In Eberls kraftvoll gewürzte, rhythmisch markante, melodisch originelle Musik mit diesen mächtig feurigen Allegro-Sätzen habe ich mich sofort verschossen. Wie schön, immer wieder von diesem mir so vertraut gewordenen Tonsetzer zu hören. War es 2020 sein Konzert in B-Dur, op. 45, für 2 Klaviere & Orchester, das Reinhard Goebel mit dem Duo Tal & Groethuysen und dem hr-Sinfonieorchester in der Sony Serie „Beethovens Welt“ dem Vergessen entriss, so ist es nun das allseits geschätzte casalQuartett, das erstmals exemplarisch die drei Streichquartette Op. 13 in Es-Dur, D-Dur und g-Moll aufgenommen hat. 

Eberl entwickelte ausgehend von der Wiener Klassik rasch eine ergreifend individuelle frühromantische Tonsprache. Leider verhinderte sein früher Tod – Eberl verstarb 1807 in Wien an einer Blutvergiftung – dass er seine visionäre Schaffenskraft, die bereits auf Schubert und sogar Mahler hinweist, weiter entwickeln konnte.

Ob Eberl ein Schüler Mozarts war, wissen wir nicht nachweislich, die Instrumentierung Eberls kann jedoch gewisse Ähnlichkeiten zu Mozarts Klangwelten nicht leugnen. Der Beamtensohn hat schon als Wunderkind am Klavier viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Als Jugendlicher schrieb er Opern, die Gluck auf den Plan riefen, der dem Vater empfahl, die Begabungen des Sohnes zu fördern. Der nach Medienberichten der Zeit ungemein gutmütige, aufrichtige und moralisch edle Eberl hat sicher alle Musik von Mozart, Haydn und Beethoven aufgesogen. Er ist aber seinen künstlerisch eigenen unverwechselbaren Weg gegangen, wie wir das jetzt anhand immer mehr veröffentlichter Musik nachprüfen können.

Die Kammermusik Eberl wurde im Schatten der großen Orchester- und Klavierwerke verortet. Ihr wurde vorgeworfen, dass der verkappte Pianist zwischen den Reihen hervorblickt. Franz Josef Ewens schreibt in seiner 1927 erschienenen Dissertation „Anton Eberls Leben und Werke“, dass die Unselbständigkeit der Mittelstimmen auffalle. Die erste Violine beherrscht das Ganze, eine Anlage also, wie wir sie etwa in den älteren Werken Haydns finden.“

Die Streichquartette Op. 13, Kaiser Alexander I. gewidmet, sind jedenfalls die einzig erhaltenen ihrer Art. Das Schuppanzigh- Quartett hat sie in den Quartett-Abonnementreihen im Wiener Heiligenkreuzerhof gespielt. Jetzt ist das casalQuartett (Felix Froschhammer, Markus Fleck, Rachel Späth, Sebastian Braun) dran, das sich der Aufgabe mit gewohnter Begeisterung und musikhistorischer Treue annimmt. Markus Fleck hat, wie schon bei der so empfehlenswerten Edition „Beethovens Welt 1799 -1851“, informative und hervorragend geschriebene Texte beigesteuert. So erfahren wir, dass Eberl stilistisch seine Streichquartette in Harmonik mit Terzverwandtschaften und chromatischen Rückungen spickte, ganz generell aber mit dem Wandern von einer Tonart zur anderen und dadurch der Konfrontation mit völlig unerwarteten Wendungen durchaus spannungsreich strukturierte.

Das casalQuartett erfüllt die Wiedergabe von Eberls Streichquartetten mit seinen Tugenden eines dynamisch weit ausholenden, akzentreichen Spiels voller straffer Binnenbögen. Die vier großartigen Musiker setzen nicht auf harmonischen Pauschalklang, sondern auf das wetteifernd konzertierende Element, wo uns die thematischen Bälle mit einer stupenden Geschwindigkeit und Energie um die Ohren fliegen. Jedes Instrument ist hier sein eigener Maßstab. Sie treten miteinander in einen lustvollen Wettstreit, können aber ebenso wie die vier Musketiere an einem Strang ziehen, wo dies musikalisch geboten ist. Im Adagio non troppo des Quartetts Op. 13 Nr. 2 staunen wir über die fahl schmerzlichen Töne, die Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ vorwegzunehmen scheinen.

Die CD ist ein Muss für alle neugierigen Freunde von Kammermusik, aber auch diejenigen, die von unserem Freund Anton Eberl mehr kennenlernen wollen als die großen Orchesterwerke. Denn: Eberl muss man einfach mögen! Zudem ist das casalQuartett für mich künstlerischer Nachfahre des Alban Berg Quartetts.

casalQuartett
Rediscovered
Anton Eberl (1765 – 1807)
3 String Quartets op. 13
World Premiere Recording
Solo Musica 2022

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