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Feuilletonscout empfiehlt …. Haruki Murakami „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“

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Keine Frage – wer Haruki Murakami gern liest, wird auch dieses Buch lieben. Alle anderen werden sich vermutlich noch mehr langweilen. Denn anders als in vielen seiner Werke (vgl. auch Feuilletonscout vom 1. Oktober 2013) bleibt Murakami in „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“ sehr bodenständig und verzichtet fast vollständig auf Parallelwelten, zweite Bewusstseinsebenen und andere Erscheinungen, die in phantastischer Literatur gang und gäbe sind. Und erstaunlicherweise findet sich ebenfalls an keiner Stelle die Beschreibung eines außergewöhnlichen weiblichen Ohrs.

Die Geschichte, die Murakami dieses Mal erzählt, ist langsam. Sie schreitet eher zurück als voran. Auch wenn sie im hektischen Tokio von heute beginnt und endet, scheint der Trubel der Großstadt an ihren Figuren abzuperlen. Hier wohnt Tsukuru Tazaki, Mitte 30, Ingenieur, spezialisiert auf den Bau von Bahnhöfen. Er lebt ein stilles, geregeltes und einsames Leben, das begrenzt ist von Arbeit, Essen und regelmäßigem Schwimmen. Dieser Tsukuru war einst Mitglied einer Clique, einer harmonischen Gemeinschaft, die nichts trennen konnte. Als seine Freunde ihn vor 16 Jahren von heute auf morgen ohne Erklärung verstießen, fiel er in ein tiefes Loch. Die Wunde dieses Ausschlusses ist nie wirklich verheilt und hinterließ ihm die Unfähigkeit zu echter Leidenschaft und Bindung. Erst als er Sara kennenlernt, wird ihm klar– nicht zuletzt weil sie ihn davon überzeugt – dass er sich der Vergangenheit stellen muss, um mit ihr eine Zukunft zu haben. Er beginnt, die verlorenen Jahre zurückzugehen, um die mysteriöse Geschichte aufzuklären.
Auch dieses Mal gelingt es Murakami mühelos, den Leser in die Geschichte hineinzuziehen, nicht zuletzt durch das Rätsel, das gelöst werden soll sowie die intensive Darstellung ihrer Charaktere. Und dennoch schleichen sich immer wieder Redundanzen oder Handlungen, die ins Leere laufen, ein, bei denen man sich unwillkürlich fragt, ob Murakami an diesen Stellen die inhaltlichen Grenzen seiner Geschichte erfahren musste.

Ob „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“ wirklich Murakamis bislang größter Erfolg ist und den Weltautor auf der Höhe seines Könnens zeige, wie es der Verlag behauptet, sei dahingestellt. Zumindest was die Startauflage – die höchste Erstauflage aller Zeiten – betrifft, hat Murakami alle übertroffen.

Und auf jeden Fall ist es ein spannendes Buch über Freundschaft, Liebe, Schmerz und Einsamkeit, das trotz aller Melancholie nie in Hoffnungslosigkeit versinkt. So gilt: Lesen und genießen.

 

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