Unter dem Titel Tod in Triest ehrt die Staatliche Antikensammlung in München Johann Joachim Winckelmann und bei dieser Gelegenheit gleich auch einen bayerischen König und eine Malerin aus Vorarlberg. Von Stephan Reimertz.
Stellen Sie sich vor, Sie sind zum Tee bei einem Kunstsammler eingeladen, der sich auf griechische und römische Kunst spezialisiert hat. Sein äußerlich schönes antikisches Palais enttäuscht zunächst durch die Inneneinrichtung aus den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Sammlung, die über einige der schönsten Stücke aus der Antike verfügt, reißt es dann wieder heraus. Ebenso die anderen Besucher: Neben dem Begründer der modernen Archäologie und Kunstgeschichte und Präfekten der Altertümer in Rom sind ein gelehrter bayerischer König und Kunstsammler erschienen sowie eine schöne Österreicherin aus Vorarlberg, die noch dazu eine der besten Malerinnen ihrer Zeit ist.
Zum Tee bei Kardinal Albani
So ist also die Situation in der Staatlichen Antikensammlung am Königsplatz in München. Drei Räume der vollkommen fehlgeschlagenen Innenraums hat man für die Ausstellung zu Ehren Winckelmanns hergerichtet. Der Titel ist etwas reißerisch: Nach dem Tod in Venedig (Thomas Mann, 1913) und dem Tod in Rom (Wolfgang Koeppen, 1954 ) nun der Tod in Triest (so hieß schon der Winckelmann-Roman von Heinrich Alexander Stoll aus dem Jahre 1975). In zahlreichen belletristischen und filmischen Darstellungen ist der Tod Winckelmanns in Triest geschildert worden, nicht zuletzt in dem biographischen Roman von Wolfgang Leppmann 1970, Ein Leben für Apoll, und sogar dieses Jahr noch in einem deutschen Fernsehfilm. Winckelmanns Tod kann man schlecht ausstellen, wohl aber sein Leben. Daher sehen wir in München den sogenannten »Winckelmannschen Faun«, den »Knaben mit der Siegerbinde« und den »Faun mit den Flecken« und lernen bei diese Gelegenheit, wie stark die Schriften des Wissenschaftlers auf König Ludwig I. von Bayern gewirkt haben, als er bereits als Kronprinz den Königsplatz und seine Gebäude und Sammlungen konzipierte.
Wer kein Griechisch kann, kann gar nichts
Die schöne Angelika Kauffmann, die sowohl den König als auch Winckelmann porträtierte, ist in der gemütlichen Kammerausstellung mit einem Selbstporträt vertreten. Winckelmann war ein armer Schustersohn aus Stendhal in der Altmarkt. Er lernte Latein und Griechisch, konvertierte zum Katholizismus, und all dies eröffnete ihm den Weg in höchste römische Kreise. Er wurde zunächst Sekretär des Kardinals Alessandro Albani, aus dessen Sammlungen sich einige Skulpturen heute am Königsplatz befinden. Schließlich war Winckelmann als Präfekt der Altertümer in Rom einer der Stichwortgeber des deutschen Klassizismus. Was lernen wir daraus? Herkunft aus dem Präkariat ist keine Entschuldigung für den, der weder Griechisch noch Latein gelernt hat. Und die Kenntnis der Antike öffnet alle Türen.
Tod in Triest – Auf den Spuren von Johann Joachim Winckelmann
Ausstellung bis zum 9. Dezember 2018
Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek
Katharina-von-Bora-Straße 10
80333 München
Öffnungszeiten:
Dienstag und Donnerstag bis Freitag: 10 bis 17 Uhr
Mittwoch: 10 bis 20 Uhr
Montag: geschlossen
6 Euro/4 Euro
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