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Große Schubertiade 2025: Liedkunst pur auf Schloss Seehaus

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Große Schubertiade 2025 Barbara Röder
Bild (c) Barbara Röder

Die „Große Schubertiade 2025“ auf Schloss Seehaus am Rande des Steigerwald besticht mit exquisiten Lieder- und Kammermusikabenden. Hier verbirgt sich ein Liedkunst-Sehnsuchtsort, der seinesgleichen sucht und Vergleiche mit der Schubertiade Schwarzenberg-Hohenems oder Salzburg keineswegs zu scheuen braucht. Von Barbara Röder.

„Denn das Glück ist immer da …“ — Johann Wolfgang von Goethe

Große Schubertiade 2025: Intime Liedkunst in Franken

Es scheint, als feiere sich das Schloss selbst als Schubert-Bühne. Denn hier wird der ursprüngliche Gedanke der „Schubertiade“ lebendig — erlebbar wie sonst nirgends. Dieser war, Freunde und Verbündete klassisch-romantischer Liedkunst zu vereinen, um in intim-vertrauter Atmosphäre zu musizieren, zu fabulieren und zu feiern. Das Credo des kleinen Franken-Festivals ist, sich ganz auf das Wesen der Musik als Sprache, das Wesen der Sprache als Musik zu konzentrieren und die klingende Universalpoesie Franz Schuberts als Gut für die eigene Welt zu bewahren.


Das Programm und dramaturgische Konzept der „Großen Schubertiade“ vereint alles, was die „holde Kunst“ braucht: Innigkeit, Intimität und rückhaltlose Nähe zum Œuvre Franz Schuberts. Schlossherr, Tenor und Initiator der „Großen Schubertiade“ Jan Kobow, konzipierte diese auserlesenen Mußestunden. Im Duett mit der Sopranistin Maria Ladurner eröffnete er am ersten Abend gesanglich sein „Schubert-Festival“. Mit im Bunde des Lied-, Duette- und Klaviermusikabends war Christoph Hammer am Hammerflügel.


An den anderen Tagen musizierte und rezitierte eine internationale, auserlesene Künstlerriege, allen voran das kongeniale Trio des Wortes, der Töne und der Stimmungen: der Sprachvirtuose und Textverzauberer Udo Samel, der gefeierte Tenor und Liedinterpret Julian Prégardien, der elegant-eindringlich spielende Pianist und Liedbegleiter Daniel Heide.

Große Schubertiade 2025 Hammerflügel
Foto: Barbara Röder

Imaginationen am Hammerflügel – Der Welt entrückt

Holzdielen knarren. Franz Schubert stürmt auf die Bühne, direkt auf den historischen Hammerflügel zu, der im kleinen, intimen Konzertsaal auf Schloss Seehaus wie ein Schmuckstück im Kerzenschein thront. Die Büste Franz Liszts scheint aus dem Off zu nicken, wirft gar einen verstohlenen Blick auf die Klaviatur des edlen Wiener Tastenwunders, gebaut 1822 vom Klavierbauer Andreas Landschütz. Allein sechs Pedale lassen das „Landschütz-Hammerklavier“ zur erzählend-singenden Opernbühne werden. Es scheint, als schaue Liszt jetzt ganz stoisch und erwartungsvoll hinein ins kommende Geschehen — immerhin hat er, der spätere Virtuose und Tastenkönig, gute Erinnerungen an Wien, an die Musik und die Komponisten, deren Werke bei der „Großen Schubertiade“ zu hören sind. Sogar das Hammerklavier ist ihm nicht unbekannt: 1822, in dessen Baujahr, war Liszt ja gerade in Wien angekommen, wurde als „kleiner Herkules“ und Wunderknabe gefeiert, und gab dort sein erstes Konzert. Beim zweiten war Ludwig van Beethoven anwesend. Und der Jüngling Liszt hatte sich, ebenso wie der Gigant Beethoven oder der junge Schubert, an die Vertonung eines Walzers des Verlegers Anton Diabelli gewagt. Sogar Lieder des Förderers Beethovens, dem Widmungsträger von Schuberts „Erlkönig“, Moritz von Dietrichstein, erklingen in diesem illustren ersten Teil des Eröffnungsabends im pittoresken Schloss Seehaus. Und dann ist da ja noch der stattliche Schubert (Udo Samel) — nicht Schobert, wie er betont. Alle lauschen ihm. Genug der Imaginationen!

Udo Samel Große Schubertiade 2025
Udo Samel (c) Alice Baldwin

Samel, Schubert und ein Hauch von Goethe

Der große Mime Udo Samel, der für seine Darstellung des Franz Schubert im Dreiteiler „Mit meinen heißen Tränen“ (1986, Zum Film) mehrfach ausgezeichnet wurde, führt als wegweisender Schubert Gedichte, Briefe und Tagebuchauszüge lesend durch die Abende der „Seehaus-Schubertiade“. Es mutet an, als assimiliere und greife Udo Samel als Briefe und Gedichte lesender Schubert die „Anima“ der historischen Pianofortes deren sprechendes Wesen auf — als säße der Tonkünstler komponierend am Hammerklavier oder mit der Feder Poesie verfassend am kleinen Schreibpult.

Der Eröffnungsabend erinnerte an Johann Wolfgang von Goethes Vermächtnis — an seine vertonten Gedichte von Widmungsträgern und Mäzenen Beethovens und Schuberts. Dessen Opus 1, der „Erlkönig“, ist Dietrichstein gewidmet. Kobows dunkler Tenor und Maria Ladurners opernhaft anmutig leuchtender Sopran deklamierten glaubhaft die ausgesuchten musikalischen Kleinode Schuberts, Beethovens und Dietrichsteins.

Nächte mit Schubert

Als exzellentes Novum luden und entführten das Meisterduo Julian Prégardien und Daniel Heide zum nächtlichen „Schubert à la Carte“: ein gelungenes Schubertlieder-Wunschkonzert mit erlesenen Gaumenfreuden und kühlem Frankenwein — eine vorzügliche Konzertidee, ersonnen von Prégardien. Schubert auf Zuruf, „Schubertlieder auf Wunsch“ — das hat etwas mächtig Originelles und spürt dem Ursprungsgedanken der Schubertiaden famos nach. Höhepunkt und Herzstück des Wochenendes mit dem Klang der Zeit Schuberts war dessen „Winterreise“, D 911, mit dem Text von Wilhelm Müller.

Große Schubertiade 2025 Stimmung Barbara Röder
Foto (c) Barbara Röder

Winterreise als Seelenspiegel

In der Kapelle des Schlosses erlebte das Publikum berührende Sternstunden der Musik und Poesie — die hohe Kunst romantischer Liedinterpretation. Der Tenor Julian Prégardien und Pianist Daniel Heide boten eine subtile, dramaturgisch-szenisch ausgereifte Introspektion in die schicksalhafte Winterreise-Existenz eines von Seelenpein gestrauchelten Menschen, der — tiefer als die tiefe Nacht gedacht — sich selbst immer wieder begegnet und seinem Schicksal. Künstlerische Reife, Durchdringung des Werks und dessen klangsinnliche Transzendenz zeichnen die beiden Ausnahmekünstler aus.

Prégardien ist ein vorzüglicher Sängerdarsteller, dessen Tenor Charakter, Tiefe und poetische Wahrhaftigkeit besitzt. Daniel Heides wandelbare Anschlagskultur wirkt, als würde der begnadete Liedbegleiter, hinein in das Werk lauschend, aus dem Moment heraus dessen ihm eigene Ausdrucksformen entdecken und den Tönen, Akkorden und melodischen Linien folgen.

„Ein heller, lichter, schöner Tag wird dieser durch mein ganzes Leben bleiben …“, heißt es in Schuberts Tagebuch im Juni 1816. „Wie von ferne leise hallen mir noch die Zaubertöne von Wolfgang Amadeus Mozarts Musik.“ Samel entführt mit diesem melancholisch-träumend gelesenen Bekenntnis in die brodelnde nachrevolutionäre Biedermeier-Epoche — die Wirkungsepoche Schuberts, der in seinen berührenden, irrlichternden, notierten Gedanken „Mein Traum“ vom 3. Juli 1822 sein Leben zwischen Liebe und Schmerz offenbarte.

Beglückende Schubert-Erfüllungsstunden voller Poesie und Musik, die lange nachschwingen in Seele und Gemüt — Stunden, die uns in einen „schönen poetischen Taumel“ (Wilhelm Heinrich Wackenroder) entrücken, inklusive der Licht- und Schattenseiten, des Hellen und Düsteren des romantischen Zeitalters. Großes Kompliment. Begeisterter, langanhaltender Beifall!

Große SchubertiadeSchloss Seehaus
30. August bis 4. September 2025Initiator und Konzept: Jan Kobow

Was die Große Schubertiade auf Schloss Seeberg so besonders macht:

  • Intime Liedkunst im Schloss Seehaus
  • Historischer Hammerflügel von 1822
  • Ein großartiger Udo Samel
  • Schuberts „Winterreise“ als Höhepunkt

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Grand Schubertiade 2025: A weekend at Seehaus Castle

The “Große Schubertiade 2025” at Schloss Seehaus unfolded a rare magic of song. Inspired by the original Schubertiade idea – uniting music and poetry in an intimate circle – the festival offered evenings of profound artistry. Host and tenor Jan Kobow opened with soprano Maria Ladurner and Christoph Hammer at the fortepiano. International guests such as Udo Samel, Julian Prégardien, and Daniel Heide gave the concerts poetic depth. Samel, renowned for his award-winning portrayal of Schubert, read letters and poems while music by Schubert, Beethoven, and Dietrichstein resonated.

A highlight was “Schubert à la Carte,” a request concert shaped by audience wishes, charmingly realized by Prégardien and Heide. The peak came with Schubert’s Winterreise in the castle chapel, interpreted with moving intensity by the duo, whose interplay brought music and text into existential depth. Mozart’s echoes, Goethe’s poetry, and Schubert’s diary fragments were artfully interwoven, creating a musical-literary cosmos linking past and present.The festival concluded with a resounding impression: hours of poetry and music that lingered long after – a Schubertiade worthy of its name.

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