Marcus Wiebusch, Frontman von Kettcar und gerade mit seinem ersten Soloalbum „Konfetti“ auf Tournee (s. Feuilletonscout v. 29.4.2014), spricht im Interview mit dem Feuilletonscout über sein Solodebüt und warum ihm der Song „Der Tag wird kommen“ persönlich so wichtig ist.
Feuilletonscout: Marcus, du steckst gerade mitten in der Tournee zu deinem ersten Soloalbum „Konfetti“. Bist du zufrieden?
Marcus Wiebusch: Ja, der erste Teil liegt hinter mir, und ich bin zufrieden. Drei von vier Konzerten waren ausverkauft. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass der Song „Der Tag wird kommen“ so polarisiert.
Feuilletonscout: Inwiefern?
Marcus Wiebusch: Der Song hat Befürworter, vor allem in der Homosexuellen-Community. Aber der Tenor aus der Pop-Intelligenz ging vor allem in die Richtung: Der erhebt den moralischen Zeigefinger.
Feuilletonscout: Was wolltest du?
Marcus Wiebusch: In erster Linie sollen meine Songs natürlich entertainen und aufgrund der resonanzen bei den Livekonzerten ist mir das bei „Der Tag wird kommen“ wohl ganz gut gelungen. Mir persönlich war es aber auch ein ganz starkes Anliegen, ein völlig tabuisiertes Thema aufs Tablett zu bringen. Ich selbst bin regelmäßig im Fußballstadion und nach einem Spiel kam ich mal mit einem berfreundeten Sportjouranlisten ins Gespräch der von mehreren homosexuellen Fußballprofis weiß und was für ein Höllenleben die führen. Das Thema hat mich dann sehr beschäftigt weil ich diesen Zustand unfassbar finde. Dazu kommt noch das mein Bruder, der im Stadion neben mir sitzt, homosexuell ist und deshalb liegt mir der Song natürlich besonders am Herzen. Der Song wurde dann im September letzten Jahres geschrieben, also weit vor dem Coming-Out von Hitzlsperger .
Feuilletonscout: Erst Punk, dann Indie-Rock, jetzt mit „Konfetti“ ein Album, das in jede Richtung offen ist, von der Piano-Ballade bis zum Electro-Track. Liebst du es, dich auszuprobieren?
Marcus Wiebusch: Ja. Wenn man so lange Musik macht wie ich und auch vor dem künstlerischen Anspruch, den man hat, muss man immer mal wieder etwas für sich selbst tun.
Feuilletonscout: Warum wolltest du ein Soloalbum?
Marcus Wiebusch: Ich wollte mal schneller beim Musikmachen sein, schneller zu Ergebnissen kommen. In der Gruppe spricht man viel mehr miteinander, bespricht sich. Ich wollte mal nicht so viel reden, intuitiver arbeiten.
Feuilletonscout: Auch wenn deutscher Rock/Pop populärer geworden ist, singen immer noch viele deutsche Bands auf Englisch. Du singst auf Deutsch. Warum?
Marcus Wiebusch: Das ist meine Stärke. Ich kann gut mit der deutschen Sprache umgehen, das zieht sich durch alle meine Projekte.
Feuilletonscout: Dein neues Album entstand mit sieben Produzenten und unzähligen Musikern. War das nicht so, als würdest du jeden Tag ganz neu, ganz von vorne anfangen?
Marcus Wiebusch: Nicht jeden Tag. Es ist eher so, dass man jeden Song wie ein eigenes Projekt betrachtet. Normalerweise arbeitet man über einen längere Zeit mit einem Produzenten, und irgendwann ist der Song dann fertig. Ich wollte dieses Mal mit ganz vielen unterschiedlichen Leuten arbeiten. Ich habe in diesen eineinhalb Jahren unheimlich viel gelernt. Es ist interessant, wie unterschiedlich Musiker zu den Songs kommen. Es war eine fruchtbare Zeit.
Feuilletonscout: Hattest du manchmal Angst, dass das Album nicht gelingen könnte? Dass zu viele unterschiedliche Menschen daran mitwirken und die Homogenität verloren gehen könnte?
Marcus Wiebusch: Nein. Ich finde sowieso, dass Homogenität auf Alben überbewertet wird. Mein Album muss wie ein Mix-Tape sein, das durch meine Stimme zusammengehalten wird. Im Grunde wollte ich ein ganz wildes, buntes Album machen.
Feuilletonscout: Am 1. Mai startete die „Konfetti“-Tour. Wie sind deine weiteren Pläne?
Marcus Wiebusch: Das ist spannend. Ich arbeite an einem Filmprojekt, um „Der Tag wird kommen“ visuell umzusetzen. Kein Musikvideo, sondern einen richtigen Film mit Drehbuch und allem, was dazu gehört. Die Finanzierung wird noch ein Höllenritt werden, aber wir werden dazu demnächst eine Crowdfunding-Kampagne starten.
Feuilletonscout: Du bist nicht nur Musiker, sondern auch Gründer des Independent- Labels Grand Hotel van Cleef. Was sollen die Menschen von dir und/oder deiner Musik in Erinnerung behalten?
Marcus Wiebusch: Ich bin in erster Linie Musiker und möchte die Menschen berühren, dass die Musik Teil ihres Lebens wird. Das Label ist nur ein Vehikel dafür. Denn als erstes kommt immer die Musik.
Feuilletonscout: Was wärst du geworden, wenn nicht Singer/Songwriter?
Marcus Wiebusch: Wahrscheinlich Schriftsteller. Vielleicht auch Astronaut (lacht). Nein, ehrlich, ich glaube ich kann ganz gut mit der deutschen Sprache. Vielleicht fange ich ja eines Tages mit der Schriftstellerei an – wenn ich mehr Zeit habe.
Vielen Dank für das Gespräch, Marcus!
Die nächsten Tourdaten:
17.06. Magdeburg, Moritzhof
18.06. Dresden, Beatpol
19.06. Erlangen, E-Werk
20.-22.06. Duisburg, Traumzeitfestival
20.-22.06. Scheeßel, Hurricane
20.-22.06. Neuhausen ob Eck, Southside
Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.
Pingback: Marcus Wiebusch: "Der Tag wird kommen" - der Film | Feuilletonscout
Pingback: Interview: Marcus Wiebusch über Homophobie im Fußball und "Konfetti" | Feuilletonscout