Jericho ist ein kleines Dorf in Ostfriesland in den achtziger Jahren. Zwischen BMX-Rädern, Parkas, Kühen und Neubaugebieten leben die Menschen und auch Drogist Bernhard Kuper, Anlaufstelle für die kleinen Wehwehchen der Dorfbewohner. Als jedoch ein Junge im Konfirmandenunterricht ankündigt, alle Erstgeborenen würden Dorf-Altar geopfert werden, auf einem Speicher eine Bibel mit markierten Jericho-Stellen gefunden wird und es im September zu schneien anfängt ändert sich etwas. Daniel, der Drogistensohn, wird zum Sündenbock der Gemeinschaft, weil er immer wieder zur falschen Zeit am falschen Ort ist und in all diesen Koinzidenzen eine so unglückliche Rolle einnimmt, dass er nur verlieren kann. Vater Kuper hingegen opfert seinen Sohn, statt ihn zu verteidigen. Über Jahre bleibt der Junge in dieser Rolle, während ihm seine besten Freunde wegsterben: im Auto auf der Landstraße der eine, durch Paranoia der andere, der dritte durch eigene Hand und einen Hammer. Und jeder Versuch, aus diesem Dorf zu entkommen, scheitert.
Jan Brandt ist 1974 in Leer/Ostfriesland geboren, arbeitet als Journalist und hat neben Erzählungen auch ein Fußballbuch herausgebracht. Gegen die Welt ist sein Romandebüt.
FAZ net eher negativ: Dieser immer wieder großartige Weltprotestroman Jan Brandts hat alles – nur nicht die richtige Form.
ZEIT Literatur (41/Oktober 2011) hingegen: Letztlich will Gegen die Welt sich den Kitt zunutze machen, der die Jericho-Welt zusammenhält. Die Produktpalette aus Drogerieartikeln, Platten, Kleidern, Jugendbewegungen, die nach all den Pop-Romanen noch aufgebaut wird, spekuliert mit dahin geseufztem Damals: Ja, so war das, als wir jung waren. Und weil der Roman auch stilistisch auf dem Teppich bleibt, wird das ein Retro-Fest, das niemanden zu viel abverlangt. Das Gegen im Romantitel umarmt alle, die mal einen Parka hatten. Man sieht das als Filmkomödie vor sich; als Roman aber wird das Jericho-Archiv von der Thujhecke überwuchert, die er abbilden wollte.
Deutschlandradio Kultur positiv: Etwas weniger Hyperrealismus hätte dem Buch gut getan. Da gibt es zu viel Banales, zu viele Details. Doch immer wenn der Leser droht auszusteigen, entzündet Brandt ein neues Streichholz und beginnt eine neue, finstere Ecke der Dorfgemeinschaft auszuleuchten. So entsteht ein Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann
Jan Brandt: Gegen die Welt
Dumont Verlag, Köln 2011
bei amazon: