Kolumne von Susanne Falk.
Es heißt nicht ohne Grund „Never meet your heroes!“. Man verehrt im Laufe seines Lebens ja so manche große Persönlichkeit und wünscht sich sogar, die eine oder den anderen persönlich zu treffen. Aber wehe, es geschieht dann tatsächlich!
Sie kennen bestimmt diese klassische Talkshowfrage: „Mit welchen drei Berühmtheiten würden Sie gerne einmal Abendessen?“ Dann lautet die ebenso klassische Gegenfrage: „Tot oder lebendig?“ Sprich: Sind die Berühmtheiten derzeit noch am Leben oder darf es auch Shakespeare sein? Die Toten einzubeziehen, finde ich, ganz ehrlich, unfair. Da endet es doch immer bei denselben Personen. Deutsche Schriftsteller wollen dann immer nur mit Goethe, Schiller und Konsorten essen. Würde ich ja auch wollen. Aber was tun, wenn es nur die Lebenden beträfe?
Daniel Kehlmann durfte ich einmal bei einer Veranstaltung treffen. Ich weiß jetzt, er mag Corned Beef und ist ein überaus freundlicher Zeitgenosse. Wer immer ihn an diesem Abend anquatschte, wurde mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt. Ich hab mich dann nicht eingereiht in die Kehlmannverehrerschlange, obwohl ich seine Bücher mag, besonders den „Tyll“. Und vorgestellt hat man uns einander leider auch nicht (da fand mich die Obrigkeit schlichtweg zu unwichtig), aber schweigend nebeneinanderstehend gegessen haben wir schon. Kehlmann wäre also eine Möglichkeit. Dann quatschen wir über Detlev-Buck-Filme und streiten uns über Karl Kraus, den ich nicht ausstehen kann.
Monika Helfers letzte drei Bücher fand ich großartig und mit entsprechend viel Wein mach ich dann womöglich auch mal den Mund auf, ohne mich gleich einschüchtern zu lassen. Muss ich nur noch ein paar Werke ihres Mannes lesen, denn der ist womöglich auch dabei. Wer Helfer sagt, der sagt auch Köhlmeier. Also, mit etwas Vorbereitung wäre Monika Helfer auch eine heiße Kandidatin.
Richtig lustig könnte ein Abend mit Elke Heidenreich werden, aber gegen diese Frau stinke ich selbst mit Doktortitel in Germanistik komplett ab, was die Lektüreliste anbelangt. Komm ich mir zu doof vor. Also besser nur aus der Ferne betrachten?
Schwierig ist das, äußerst schwierig. Und was tun, wenn die drei sich dann untereinander gar nicht ausstehen können? Oder einer immer nur schwadroniert und die anderen immer stiller und säuerlicher in ihr Glas schauen? Nur weil alles Schriftstellerinnen und Schriftsteller sind, müssen die sich ja nicht zwangsläufig etwas zu sagen haben. Proust und Joyce hatten sich ja angeblich auch nichts zu sagen. Oder, noch schlimmer, alle drei haben sich etwas zu sagen, nur mit mir redet kein Mensch! Na gut, Daniel Kehlmann würde mich höflich fragen, was ich denn essen will. Immerhin. Aber was, wenn mir das passiert, was mir einst bei einer anderen Veranstaltung mit einer österreichischen Bestsellerautorin widerfahren ist? Ich spreche sie an, rede drei, vier Sätze mit ihr und sie dreht mir, während ich noch etwas sage, plötzlich den Rücken zu. Gespräch beendet. Einfach so. Pisskuh, olle.
Ganz ehrlich, ich glaube, ich schnapp mir lieber drei Freundinnen und mach mir einen netten Abend. Die besten Lebenden sind nämlich die, die dem eigenen Herzen am nächsten sind. Da braucht es auch kein Corned Beef.
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