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Meine Bücher! „Glück auf vier Rädern“

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frau mit büchern

Kolumne von Susanne Falk.


Ich gebe zu, man hat es mir mit der Liebe zu Büchern wirklich leicht gemacht. Alle drei Wochen fuhr direkt vor unserem Haus der Bücherbus vor. Was das bedeutete? Ganz einfach: Glück auf vier Rädern!

Dass die Fahrbücherei tatsächlich vor meinem Elternhaus hielt, hatte seinen Grund. Erstens stand davor eine Laterne und das bot auch im dunklen norddeutschen Winter den Lesewilligen auf dem Dorf genügend Licht zum Ein- und Aussteigen. Und zweitens wohnte dort meine Mutter. Es gab und gibt wahrscheinlich keine treuere Kundin und Vielleserin für die Institution Fahrbücherei als meine eigene Mutter. Was lag also näher, als den Bus genau dort vorzufahren, wo ohnehin die meisten Bücher landen würden?

Es war ein bisschen wie einkaufen ohne Geld. Wenn sich die Türen öffneten, empfing einen der Geruch von Papier und Linoleum. Was immer man wollte, es war alles da, vom Bilderbuch bis zum neuesten Roman. Und wenn es nicht vorrätig war, meldete man seinen Wunsch an und bekam mit etwas Glück früher oder später den gewünschten Titel vor die Tür geliefert.

In Zeiten, in denen das Kulturgut Buch für viele kaum noch erschwinglich scheint, sind Leihbüchereien ein wahrer Segen. In meiner Wahlheimat Wien gibt es allein 39 Zweigsteigen der Wiener Büchereien. Für Kinder sind diese gratis zugänglich und bieten über großartige Bestände hinaus ein vielfältiges Kulturprogramm. Die Stadt lässt sich Literaturvermittlung etwas kosten und die Bevölkerung nimmt diese dankbar an. Darüber hinaus weist jede Schule vor Ort eine eigene Bibliothek auf, im Falle meines großen Kindes liegt die auch noch genau gegenüber der Klassenzimmer. So fängt man sogar Lesemuffel ein, wenn der Weg zum Buch derart barrierefrei zu beschreiten ist.

Was für Stadtkinder eine Selbstverständlichkeit scheint, bleibt für Landkinder noch immer etwas Besonderes. Leider gab es immer wieder Phasen, in denen die Institution Fahrbücherei von Einsparungen bedroht war. Derzeit ist das im Kreis Schleswig-Flensburg mal kein Thema. Man weiß um die Notwendigkeit solcher Kultureinrichtungen am Land. Was nicht heißt, dass sich das nicht jederzeit wieder ändern kann. Dabei ist der Wert dieses Service gar nicht hoch genug einzuschätzen. Ja, Bücher gab es viele in unserem Haushalt und Literatur war stets präsent, nicht zuletzt deshalb, weil uns viel vorgelesen wurde. Aber was war es für ein unglaublicher Luxus, wenn die ganze Literaturwelt direkt zu dir nach Hause kam! Kein Wunder, dass dadurch meine Liebe zu Büchern geweckt wurde. Ich wäre wahrscheinlich weder Autorin noch Germanistin geworden ohne die literarische Sozialisation der Fahrbücherei. Den Bücherbus gibt es nun schon seit rund 60 Jahren. 1962 rollten die ersten Bücherbusse durch Schleswig-Holstein. Zeit, danke zu sagen, für viele, viele großartige Lesestunden!

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

2 Gedanken zu „Meine Bücher! „Glück auf vier Rädern““

  1. Liebe Susanne Falk!
    Vielen Dank für den wunderbaren Surftipp översetter.de. Wie Urlaub im Norden ist das. Und die Sätze erinnern mich an meine Zeit in Högersdorf bei Bad Segeberg. Wunderbar!
    Schöne Grüße aus dem Hessischen! Daniel Grosse

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  2. Der Bücherbus, liebe Susanne Falk, ist mehr als ein Relikt. Das Gefährt ist wunderbar und scheint noch zu fahren. So wie Sie schreiben. Ich kenne ihn, aus eigenem Erleben, nicht. Wohl aber sehe ich, wie beliebt Stadtbüchereien sind. Die kommen nicht. Zugegeben. In Städten funktioniert das Modell trotzdem.
    Angeregt durch Ihre Kolumne, frage ich bei unserer Kreisverwaltung nach, ob und wo ein solcher Bücherbus hier unterwegs ist. Auf dem Land.
    Ist eine rollende Fahrbücherei eigentlich eine Bringschuld der Öffentlichen Hand? Fragen die Menschen auf Dörfern und in kleinen Städten tatsächlich einen Service nach, der ihnen Literatur und Kurzweil frei Haus liefert? Welche Vorlieben haben Leser:innen, welche Genres im Belletristischen, welche Themen bei Sach- und Fachbuch interessieren sie?
    Auf diese Fragen braucht es Antworten. Als Buchautor sage ich natürlich JA zum Bücherbus! Doch vielleicht sollten ganz neue Finanzierungs- und Kooperationsmodelle entstehen.
    Unternehmen vor Ort, Verbände, Vereine, oder auch Private mit Vermögen, könnten sich mit gemeindlichen Gremien an einen Tisch setzen.
    Meine Meinung: Lesen – ja! Büchereien auf dem Land – ja! Rollende Bücherbusse – auf jeden Fall!

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