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Meine Bücher! „Harald Töpfer und Konsorten“

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Kolumne von Susanne Falk.

Ismael will nicht Ismael genannt werden, die Rose hat von vorneherein keinen eigenen und die Sache mit Gantenbein ist ohnehin eine ganz schräge Nummer: Namen in der Literatur sind ein spannendes Forschungsfeld.

Durch die aktuelle Schmonzettenliteratur stolzieren ja eine ganze Menge junger Frauen mit Namen wie Lilly, Lea oder Lena. Das hat seinen Grund, denn dies sind immer noch aktuelle Modenamen und Frauen kaufen gerne Bücher, deren Hauptfiguren Namen tragen, die denen ihrer Kinder gleichen.

Theoretisch müssten also eine Menge literarischer Frauenfiguren in deutschsprachigen Breitengraden tatsächlich Namen wie Susanne, Sabrina oder Sandra tragen, so wie eben Frauen aus den 1970ern bei uns heißen, mich eingeschlossen. Allerdings stirbt deren Elterngeneration als Käuferschicht langsam aus. Das erklärt vielleicht, wieso nicht jede dritte weibliche Hauptfigur eines deutschsprachigen Romans Susanne heißt, obwohl doch gefühlt jede dritte Frau, mit der ich je studiert habe, so genannt wurde, wahlweise Susi, Suse, Sanne oder Susannah. Ich hatte sogar mal einen Mitbewohner, dessen ehemalige und aktuelle Freundin beide Susanne hießen. Hinzu kam eine heimliche Geliebte namens Susi und ich, die platonische Wohnungsgenossin. Als uns seine Mutter eines Tages besuchte, öffnete ich die Tür und stellte mich ihr freundlich mit Namen vor. Sie fiel mir um den Hals und sagte: „Wie schön, dass wir uns mal kennenlernen!“ Während sie mich fest an sich drückte, rätselte ich darüber, für welche Susanne sie mich wohl halten mochte. Exfreundin? Aktuelle Freundin? Von der Geliebten wusste sie bestimmt nichts… Bis ihr charmanter Sohn das Rätsel mit den Worten auflöste: „Mama, das ist nur meine Mitbewohnerin. Die ist nicht so wichtig!“ Dass ich zur gleichen Zeit ein Proseminar an der Uni Rostock mit fünfzehn Frauen besuchte, von denen fünf Susanne hießen (und keine davon war mit meinem Mitbewohner verbandelt) – geschenkt. Aber: Based on a true story!

Namen sind etwas Besonderes: Sie verleihen uns eine Identität, eine Backstory. Das tun sie auch in der Literatur. Es macht eben einen Unterschied, ob ich als Figur namenlos durch die Gegend schlafe oder Julia Capulet heiße und mein Liebhaber Romeo Montague. Wobei mir sprechende Namen immer besonders gut gefallen haben, wie sie ja oft im Märchen vorkommen: Schneewittchen, Rotkäppchen, Tausendschön. Die ursprüngliche Bedeutung von Namen verliert sich oft in unserem Alltag, etwa bei so gängigen Familiennamen wie Baumann oder Seher. Aber wenn Frau Baumann plötzlich Architektin wird und der Augenarzt Dr. Seher heißt, dann gewinnt der sprechende Name wieder an Bedeutung und wir sind verblüfft, dass so etwas möglich ist. Nomen est omen?

Der literarischen Figur den richtigen Namen zu geben ist für Autorinnen und Autoren oft wahnsinnig wichtig, um eine Beziehung zu ihrer Figur aufbauen zu können. Blöd nur, wenn der Verlag den Namen ändert, weil „wir schon im letzten Programm eine Hauptfigur mit Namen Julia hatten.“ (Auch basierend auf einer wahren Geschichte!) Stellen Sie sich mal vor, sie leben ein gutes Jahr schon mit einem Hund namens Bubu und nun müssen sie den plötzlich umbenennen in Hermann. Da würden sich Ihnen und Bubu/Hermann aber auch die Nackenhaare aufstellen!

Ob Lilly oder doch Susanne: Wir leben oft eine ganze Weile lang mit Figuren in unseren Köpfen, die mit ihren Namen eine ganz eigene Identität mitbringen. Oft ist es hilfreich, dass wir uns zu einer Anna (Karenina) oder einem Balthasar (Bux) sofort ein Bild machen können, manchmal verleiten uns Namen aber dazu, in die Vorurteilsfalle zu tappen. Mal ehrlich: Wer will schon einen Jungen namens Harald Töpfer kennenlernen??? Den hielten wir im echten Leben für total uncool! Entsprechend wäre es gut, wenn wir uns hin und wieder daran erinnern würden, dass ein Name noch nicht die ganze Person ausmacht. Er kann aber, im besten Fall, Neugierde wecken. Auf die Person, die dahintersteckt, ganz gleich ob real oder erfunden.

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

My Books!Harald Töpfer and Company“. Column by Susanne Falk

Ismael doesn’t want to be called Ismael, the rose doesn’t have its own name from the start, and the thing with Gantenbein is a very weird story anyway: names in literature are a fascinating field of study.

A whole lot of young women named Lilly, Lea, or Lena parade through today’s romance novels. There’s a reason for this: these are still trendy names, and women like to buy books where the main characters have names similar to those of their children.

In theory, many literary female characters in German-speaking areas should actually bear names like Susanne, Sabrina, or Sandra, just like women from the 1970s, myself included. However, their parents’ generation is slowly dying out as a target demographic. This might explain why not every third female protagonist in a German-language novel is named Susanne, even though it feels like every third woman I ever studied with was called that, whether Susi, Suse, Sanne, or Susannah. I even had a roommate whose ex-girlfriend and current girlfriend were both named Susanne. There was also a secret lover named Susi and me, the platonic roommate. One day, when his mother visited us, I opened the door and introduced myself kindly. She threw her arms around me and said, “How lovely to finally meet you!” As she hugged me tightly, I wondered which Susanne she thought I was. Ex-girlfriend? Current girlfriend? She probably didn’t know about the lover… until her charming son cleared up the mystery with the words: “Mom, this is just my roommate. She’s not that important!” The fact that I was attending a seminar at the University of Rostock at the same time with fifteen women, five of whom were named Susanne (and none of them were involved with my roommate) – well, that’s just a bonus. But: based on a true story!

Names are special: they give us an identity, a backstory. They do the same in literature. It makes a difference if I, as a character, sleep around namelessly or if I’m named Juliet Capulet, and my lover is Romeo Montague. Personally, I’ve always liked names that speak for themselves, like those often found in fairy tales: Snow White, Little Red Riding Hood, Briar Rose. The original meaning of names often gets lost in our everyday lives, as with common surnames like Baumann or Seher. But when Mrs. Baumann (treeman) suddenly becomes an architect, and the eye doctor is named Dr. Seher (seer), then the speaking name gains importance again, and we’re surprised that such a thing is possible. Nomen est omen?

For authors, giving their literary characters the right name is often incredibly important to building a relationship with their protagonists. It’s just annoying when the publisher changes the name because “we already had a main character named Julia in the last series.” (Also based on a true story!) Imagine you’ve lived with a dog named Bubu for a good year, and now you suddenly have to rename him Hermann. Both you and Bubu/Hermann would probably bristle at that!

Whether it’s Lilly or Susanne: we often live with characters in our heads for quite a while, and with their names, they bring a unique identity. Sometimes it helps that we can immediately picture an Anna (Karenina) or a Balthasar (Bux); other times, names lead us to fall into the trap of prejudice. Let’s be honest: who really wants to meet a boy named Harald Töpfer??? We’d think he’s totally uncool in real life! So, it would be good if we occasionally reminded ourselves that a name doesn’t fully define a person. But it can, at best, spark curiosity. About the person behind it, whether real or fictional.

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