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Meine Bücher! „Herzensbildung“

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frau mit büchern

Kolumne von Susanne Falk.

Kinderbücher weisen im besten Fall zwei Erzählebenen auf: eine für Kinder und eine für erwachsene Vorleser. So haben alle etwas davon. Dass man über diesen Umweg auch eine Botschaft an der richtigen Stelle anbringen kann, ist ein nicht zu unterschätzender Sonderfall in Sachen Herzensbildung Erwachsener.

Wir taumeln aktuell an einem ziemlich großen Abgrund entlang. Dorthin gebracht haben uns Menschen ohne jedes Verantwortungsgefühl für kommende Generationen. Als würden sie und wir nichts dazulernen wollen. Dabei müssten wir es doch besser wissen, denn auch uns hat man schon „Die Konferenz der Tiere“ von Erich Kästner vorgelesen, als wir noch klein waren. Das Buch erschien immerhin kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.

Hier sind es die Tiere, die es es besser wissen als die Menschen. Sie ziehen los, um sich und die Menschenkinder zu retten. Weil die Erwachsenen es nicht hinbekommen, auf ihrer eigenen Konferenz. Stattdessen machen die ihre Augen fest zu und weiter wie bisher. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?

Erich Kästners Klassiker hat den Weg gerade auf die Leseliste meines jüngsten Kindes geschafft, aus gutem Grund. Kinder bekommen weit mehr von der Welt mit, als wir annehmen. Das war allerdings auch schon bei uns selbst so, als wir in dem Alter waren. Auch wir haben eine Menge mitbekommen, das wir nicht einordnen konnten, weil wir die Erwachsenenwelt nicht verstanden haben. Wie auch: Krieg, Zerstörung und Tod folgen einer Logik, die niemand wirklich verstehen kann.

Was interessanterweise meinem Kind sofort auffiel, war der unredigierte Wortschatz des Buches, geschrieben im Geist der 1940er Jahre. Das Kind zeigte mit dem Finger auf das N-Wort im Text und schüttelte den Kopf. „Das geht gar nicht, Mama.“ Ich konnte dem nur zustimmen. Andererseits ist das Buch ein Manifest für Frieden und eine Neugestaltung des Miteinanders. So nah liegen manchmal Anspruch und Abgrund beieinander.

Gedacht war es damals nicht allein für Kinder, denn es trägt den Untertitel „Ein Buch für Kinder und Kenner“, ganz so, als müssten wir wissen, worum es in der Welt eigentlich gehen sollte, als „Kenner“. Doch je älter ich werde, desto weniger kenne ich mich aus. Wieso tun Menschen einander so schreckliche Dinge an?

Nach mir sind bereits zwei Folgegenerationen auf der Welt. Dabei bin ich noch gar nicht alt. Diese Generationen lesen dieselben Bücher, die ich schon gelesen habe, hören dieselben Geschichten und kommen zu demselben Schluss, nämlich dass es so nicht weitergeht. Brauchen wir etwa neue Geschichten? Oder müssen wir die alten nur oft genug zitieren? Denn die neuen Menschen sind ja schon da. Und lesen. Und sehen. Und wissen. Und wollen nicht dieselben Fehler machen wie wir.

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

My Books! Formation of the Heart„. Column by Susanne Falk
Children’s books ideally feature two narrative levels: one for children and one for adult readers. That way, everyone gains something. That a message can also be conveyed through this detour is an underestimated anomaly in the realm of adult heart formation.

Presently, we are teetering along a rather significant precipice. People lacking any sense of responsibility for future generations have brought us to this point. It’s as if they and we don’t want to learn anything. Yet, we should know better because even we were read „The Animals‘ Conference“ by Erich Kästner when we were young. The book was published shortly after World War II.

In this story, it’s the animals who know better than the humans. They set out to save themselves and the human children because the adults can’t manage it during their own conference. Instead, they shut their eyes tight and continue as before. Does that sound familiar to you in any way?

Erich Kästner’s classic has just made its way onto my youngest child’s reading list for a good reason. Children grasp far more about the world than we assume. This was true for us at that age as well. We, too, witnessed a lot that we couldn’t comprehend, because we didn’t understand the adult world. How could we? War, destruction, and death follow a logic that no one can truly understand.

Interestingly, what immediately struck my child was the unedited vocabulary in the book, written in the spirit of the 1940s. The child pointed at the “N-word” in the text and shook their head. ‚That’s not okay, Mom.‘ I could only agree. Yet, the book is a manifesto for peace and a redesign of how we live together. Sometimes, aspiration and human abyss lie close together.

It wasn’t solely intended for children back then, as the original bears the subtitle ‚A Book for Children and Those in the Know‘ – like we should know what the world is actually about as ‚those in the know‘. However, the older I get, the less I understand. Why do people inflict such terrible things on each other?

There are already two subsequent generations after me, and I’m not even old. These generations read the same books I’ve read, hear the same stories, and come to the same conclusion: that this cannot continue. Do we need new stories? Or do we just need to quote the old ones often enough? Because the new people are already here. And they read. And they see. And they know. And they don’t want to make the same mistakes as we did.

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