Kolumne von Susanne Falk.
Fertig. Es ist halbzwölf, Kinder und Mann schlafen bereits tief, nur du sitzt noch da und tippst die letzten Worte in den Laptop, speicherst ab und lehnst dich zurück. Endlich, endlich fertig.
Es gibt Momente, die feiert man laut und ausgelassen, inmitten von Freunden, Verwandten und denjenigen, die du auch noch einladen musstest. Und dann gibt es diese stillen Augenblicke, nachts, am Schreibtisch, die nie einer mitbekommt, weil sie, nun ja, still und am Schreibtisch passieren.
Du sitzt da und freust dich, bist erleichtert und etwas ungläubig, dass es wieder passiert ist. Ein Text ist fertig, an dem du lange gesessen bist, über den du viel nachgedacht hast und den du, Hand aufs Herz, ganz sicher noch fünfmal umschreiben wirst müssen, aber für diesen Moment ist es gut, für diesen einen Augenblick darf die Welt kurz stehen bleiben, weil es sich anfühlt, wie es sich anfühlen soll, das Leben.
Es geschieht immer nachts, wenn niemand mehr wach ist und selbst der Kater nur ein halbes Auge aufmacht, wenn du ihm mitteilst, dass du mit einem Werk fertig geworden bist. Dann stromerst du in die Küche, leise, weil du niemanden wecken willst und suchst nach etwas, mit dem du auf dich anstoßen kannst. Unter dem Küchentisch steht noch eine Flasche Champagner, ein Weihnachtsgeschenk von deinem letzten Chef, die du für eine besondere Gelegenheit aufbewahrt hast. Du hast dir vorgestellt, sie zu öffnen, wenn die Zusage vom Verlag kommt. Die kommt aber nicht. Genauer gesagt kommt sie dann ganze 17 Mal nicht – still counting. Aber dazu später. Stattdessen findest du, es wäre Verschwendung, jetzt nachts den zimmerwarmen 70-Euro-Champagner aufzumachen und findest stattdessen die letzten Eierliköreier von Ostern. Dann tun es eben die.
Da hockst du, in deiner blauen Küche, um halb zwölf, isst billige Schokolade und blickst auf deine Arbeit der letzten Monate zurück. Stolz bist du, dass du es geschafft hast und schiebst mal einen kurzen Augenblick von dir, was auf dich zukommen wird. Die Mails, in denen du um Absagen bettelst, damit überhaupt mal einer antwortet. Die wohlmeinenden Kommentare der Freunde, die sowas wie „Kopf hoch! Deine Zeit kommt noch!“ sagen werden. Das ist jetzt alles nicht wichtig.
Du hättest dich jetzt gerne mit jemand anderem zusammen gefreut, gefeiert, ausgelassen und fröhlich. Aber so ist es, wie es immer war. Deine Bücher werden meistens nachts fertig, still, am Tisch, ohne Begleitung. Du spürst kurz in dich hinein, ob das reicht. Ob es dir reicht. Und das tut es. Für diesen einen, ganz kurzen Augenblick ist alles im Einklang. Hier, nachts, in deiner blauen Küche, bei billiger Schokolade, ohne Champagner, bist du ganz du selbst, das Selbst, dass du immer sein wolltest. Das hat nichts Glamouröses an sich, nichts, dass sich wie überwältigender Erfolg anfühlt. Aber für diesen kurzen Augenblick deines Autorinnenlebens bist du – glücklich.
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Das ist mir aus der Seele gesprochen, gestern mit 4 Osterneiern Schoko und 2 Gläschen. Ostern geschrieben und ja, dann an jemanden gedacht, der nach langer Zeit Deinen Artikel noch immer im Gedächtnis hatte.