Kolumne von Susanne Falk.
Das Glück ist nicht mit den Dummen, es ist mit den Ambitionslosen. Das sagt die Hauptfigur Johanna in meinem neuen Roman, aber eigentlich hab ich ihr dieses Zitat nur in den Mund gelegt. Tatsächlich denke ich in diesem einen Punkt ausnahmsweise mal wie meine Protagonistin. Die zufriedensten Menschen, die ich je kennengelernt habe, waren stets die genügsamsten, die, die jeden friedlich leben ließen und deren eigenes Lebensglück sich schon erfüllt hatte, wenn sie mit der Familie sonntags unterm Carport grillen konnten.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Johann Sebastian Bach niemals unter einem Carport gegrillt hat. Dasselbe gilt für Mozart, Beethoven oder Mahler. Und es gilt auch für all die anderen großen Geister und Künstler, wurscht welcher Kunstrichtung und welchen Zeitalters. Die waren auch alle nie mit dem zufrieden, was sie hatten.
Nun bin ich beileibe nicht so wahnsinnig, mich für eine große Künstlerin zu halten, aber unzufrieden bin ich trotzdem. Ständig. Selbst beim Grillen. (Ich bin, zugegeben, kein großer Grillfan und seit neuestem Vegetarierin, aber das ist eine andere Geschichte…) Das mögen Anzeichen einer Midlifecrisis sein und vielleicht nicht einmal etwas mit meinem Beruf zu tun haben, aber das ist nicht immer so leicht zu trennen. Die Identität hängt schon sehr am Job und der ist nun einmal ein künstlerischer.
Dabei kann ich durchaus sehen und schätzen, was ich habe. Und sehe genauso gut, was mir fehlt. Natürlich will jede Malerin, jeder Schauspieler, jede Komponistin und jeder Autor Ruhm und Reichtum für das eigene Werk ernten. Wenn diese Utopie dann ausgestanden ist, kann man sich dem normalen Brötchenbacken zuwenden. Da will man einfach nur noch mit Freuden seinem Beruf nachgehen und, ganz wichtig, davon leben können. Kann man aber nicht – weder mit noch ohne Corona…
Wenn Sie Maurer sind, dann liefern Sie ein sehr konkretes Produkt ab, auf das Sie mit Recht stolz sein können. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, man sagt zu Ihnen: „Super Mauer, gut gemacht! Hier sind 30 Euro für deine Dienste! Du hast ja nicht geglaubt, dass du von deinem Beruf leben kannst, oder?“ Künstlerinnen und Künstler aller Sparten stellen in der Regel auch ein sehr konkretes Produkt her. Aber leben können davon die wenigsten. Und das wird nicht einfacher dadurch, dass Konzerthäuser, Opern, Theater, Museen, Kinos etc. geschlossen sind.
Nun stelle man sich einmal Bach vor, wie er für die abgesagte Aufführung einer Kantate Kostenersatz einreichen muss. Und ihn womöglich nicht bekommt. Das hätte den sicher auch mehr als nur genervt. Aber weil er eben Bach war, hätte er dann so etwas komponiert wie: „Zum Himmel, oh Herr, rufe ich hinauf, Erlöser, du mir mein Leben erhalt!“ Oder sowas ähnliches. Vielleicht hätte es sogar etwas genützt. Das mit dem Glauben an sich selbst macht es nämlich auch nicht einfacher, wenn man Atheistin ist… Glauben ist nicht mein Metier. Vielleicht ist es besser, ich suche mir ein hübsches Carport zum Grillen.
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