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Mit archaischer Wucht: „Troja“ am Staatstheater am Gärtnerplatz

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Der aus der Béjart-Schule entsprungene Athener Choreograph Andonis Foniadakis stellt in München seine faszinierende Vision des Trojanischen Krieges als des Krieges an sich auf die Beine. So zeitlos sein kraftvolles Tanztheater, so zeitgemäß ist es. Ein neues Highlight des Balletts des Staatstheaters am Gärtnerplatz und seines Orchesters.
Von Stephan Reimertz.

Das ist Tanztheater für den Tag und für die Stunde und zugleich für die Ewigkeit. Wenn die Krieger mit durchtrainierten Körpern unter ihrem mit leichten Stangen angedeuteten Tempeldach aufmarschieren, weiß der Zuschauer, dass er es mit einem sehr kunstgeschichtsbewussten Tanztheater zu tun hat: Das ist das archaische Griechenland, Zeit Homers, noch nicht das klassische. Michael Brandstätter und das Orchester des Staatstheaters stemmen die komplexe, mit elektronischem Sounddesign bereicherte, Partitur von Julien Tarride. An diesem Abend ist alles aus einem Guss. Das äußerste an Disziplin und Kraft offenbart sich in den folgenden eineinhalb Stunden in Ensembles, Menschenknäuel, kämpferischen Pas-de-deux wie jenem, in dem das Kräftemessen von Achill und Hektor angedeutet ist. Den Frauen, hochgewachsen und vornehm, fällt das Klagen zu, die Kassandrarufe. Ikonographisch durchkomponiert streift das Stück auch die christliche Pietà, wenn der Körper des Besiegten vom Sieger nicht ohne Mitleid dargeboten wird.

Was die Europäer zu erwarten haben, wenn sie sich weiterhin an der ihnen von außen aufoktroyierten Kriegstreiberei beteiligen, daran lässt das Stück des Atheners Foniadakis keinen Zweifel. Am Ende färbt sich die leere, meist in ein dem Auge angenehmes Blaugrün getauchte, Bühne blutrot.

Alle Termine bis Mitte Oktober hier

Gärtnerplatztheater
Gärtnerplatz 3
80469 München

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With Archaic Power: „Troy“ at the Staatstheater am Gärtnerplatz
The Athenian choreographer Andonis Foniadakis, who emerged from the Béjart school, presents his fascinating vision of the Trojan War as the war itself in Munich. As timeless as his powerful dance theater is, it is equally contemporary. A new highlight of the ballet of the Staatstheater am Gärtnerplatz and its orchestra. By Stephan Reimertz.

This is dance theater for the day and the hour and at the same time for eternity. When the warriors with their well-trained bodies march in under their temple roof suggested by light rods, the audience knows that they are witnessing a dance theater very conscious of art history: This is archaic Greece, the time of Homer, not yet the classical period. Michael Brandstätter and the orchestra of the Staatstheater tackle the complex score by Julien Tarride, enriched with electronic sound design. This evening, everything is seamless. The utmost discipline and strength are revealed in the following one and a half hours in ensembles, human clusters, and combative pas-de-deux like the one suggesting the struggle between Achilles and Hector. The women, tall and noble, are left to lament, the cries of Cassandra. Iconographically composed, the piece also touches on the Christian Pietà, when the body of the defeated is presented by the victor not without compassion.

The piece by the Athenian Foniadakis leaves no doubt about what Europeans can expect if they continue to participate in the war-mongering imposed on them from outside. In the end, the empty stage, mostly bathed in a pleasant blue-green, turns blood red.

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