Eine Scheidung in Israel ist nicht so einfach. In dem Land, in dem Eheangelegenheiten nicht zivilrechtlich, sondern vor dem Rabbinat geklärt werden, kann nur der Mann seine Frau aus dem Bund der Ehe entlassen. Mit dem Scheidebrief, dem Get-Dokument, das sie in einem Ritual aus seinen Händen erhält, ist sie frei.
Eine Diskriminierung der Frau, die das Geschwisterpaar Shlomi und Ronit Elkabetz in dem Film „Get – Der Prozess der Viviane Amsalem“ thematisiert und damit in Israel eine heftige Debatte ausgelöst hat. Denn ihre Figur Viviane will dieses Diktat nicht hinnehmen. Längst lebt sie von ihrem Mann getrennt, doch das Dokument verweigert er ihr. Würde sie sich darüber hinwegsetzen und ihre Freiheit leben, drohten Viviane rechtliche und soziale Konsequenzen. Und so kämpft sie fünf Jahre für den ersehnten Brief. Zwar kann das Gericht Druck auf den Mann ausüben, doch Chancen bestehen nur, wenn ihm eine Mindestschuld nachgewiesen werden kann wie Ehebruch, Gewalttätigkeit, fehlende Unterhaltzahlungen, kurz: Die Vernachlässigung ehelicher Pflichten.
Bereits in „Getrennte Wege“ (2005) und „7 Days“ (2008) thematisierten Shlomi und Ronit Elkabetz den bröselnden Zerfall von Vivianes Ehe. Nun, im dritten Teil, befinden männliche Richter über die Frau, ihre Beweislast und die Anpassung an ihren Mann.
„Get – Der Prozess der Viviane Amsalem“ ist für den israelischen Filmpreis in zehn Kategorien nominiert. Rabbiner an den Rabbinergerichten sind derweil dienstverpflichtet worden, den Film mit der Begründung zu sehen, dass sie hier die Perspektive der Frau kennenlernten.
Zeit online lobt: „Was diese Botschaft so eindringlich macht, sind die theaterhaften Nahaufnahmen, das Schauspiel Vivianes und der Anwälte, sowie grobkörnige Kontraste, Tiefblau gegen Weiß als gespiegelte Innenseite israelischer Identität, die hochsubjektive Kameraführung in einem nüchternen, kalten Raum […]“
Deutschlandradio Kultur meint: „Der Film lebt von Blicken und Gesten, er spiegelt auf engstem Raum differenziert gesellschaftliche Konventionen und lässt uns beklemmend die Demütigung eines Menschen erleben, der kein Recht hat – einfach, weil es sich um eine Frau handelt.“
Spiegel online hält fest: „Doch „Get“ ist kein Film, der nur in Bezug auf Israel Bedeutung hat: Wenn man die Handlung von ihrem nationalen Kontext befreit, bleibt ein reduziert gefilmtes, einfühlsames Porträt einer Frau im zähen Ringen mit dem Patriarchat, das universell gültig ist.“
Der Tagesspiegel fasst zusammen: „Get – Der Prozess der Viviane Amsalem“ ist ein Kammerspiel, ein Kriegsfilm, ein Stellungskrieg der Worte, bei dem Argumente wie Heerscharen aufgefahren und Blicke wie Schwerter gekreuzt werden.“
Kino zum Film: hier
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