Von Barbara Röder.
Sie ist schlichtweg phänomenal! Nicht erst seit dem wundervollen Silvester- und Neujahrskonzert 2022/2023, das live aus der Elbphilharmonie gesendet wurde, ist die internationale gefeierte Sopranistin Julia Bullock in aller Munde. Zusammen mit dem Dirigenten Alan Gilbert und der NDR Elbphilharmonie präsentierte die Ausnahmeinterpretin einen kleinen Teil ihres musikalische Genre übergreifendes Können. Im Frühling 2022 bestach sie an der Seite von Joyce DiDonato und Jakub Orliński als Theodora im gleichnamigen Barockjuwel von Georg Friedrich Händel am Royal Opera House.
Julia Bullocks Debüt-Album „Walking in the Dark“ erregte im vergangenen Herbst Aufsehen und Erstaunen. Denn die Künstlerin vereint auf diesem exquisiten Silberling starke, musikalisch und textlich powervolle Stücke. Bullock ist so vielfältig in der Auswahl ihrer Bühnenpräsenz, ob Oper, Recital oder klassischem Konzert, dass niemand sie leichtfertig in eine Schublade stecken sollte und darf.
In der schwierigen Corona-Zeit war die Künstlerin wie so viele andere Kulturschaffende vom lahmgelegten Kulturbetrieb ausgebremst. Ideen und Rückbesinnung auf Stärken, Projekte, die schon immer verwirklicht werden wollten, klingende Träume traten ins Bewusstsein. So auch bei Julia Bullock.
Als Verehrerin der schwarzen Jahrhundertikone und Diva für Freiheit und Frieden Nina Simone, nimmt Julia Bullock wieder gerne deren Songs in Visier und präsentiert sie in Liederabenden. Den Blues „Brown Baby“ von Oscar Brown Jr., ein Klassiker des Gospel und Soul, zelebriert Bullock mit tiefem, sattem Sound. In ihrer Kehle schlummern zahlreiche Ausdrucksformen, ihre Stimme birgt Vielseitigkeit. Das überrascht, denn Bullock ist wie ein musikalisches Chamäleon, das genreübergreifend intelligent ihre Begabungen einsetzt. In diesem wirklich spektakulären Album scheint Samuel Barbers Orchesterepos „Knoxville, Summer of 1915“ als funkelnder, besinnlicher, hörbarer Edelstein hervor. Barbers musikalische feingewobene Rückschau, die in ihrer erzählerischen Sprachkraft und sprunghaften Lebendigkeit Interpretinnen wie Julia Bullock brauchen. Ein geniales Stück Musik!
Ein weiterer eindrucksvoller Titel ist John Adams’ „Memorial de Tlateloco“. Der energiegeladene, insistierende Tonfall des Oratoriums „El Niño“ mit Chor und großem Orchester beschreibt in einem Auszug das verheerende, blutige Polizeimassaker in Mexico City.
Julia Bullock wird auf der spirituellen, fantastisch Erinnerungs- und Erlebniswelten CD „Walking in The Dark“ vom Pianisten und Dirigenten Christian Reif sowie dem Philharmonie Orchestra, London begleitet.
Der außergewöhnliche Regisseur Peter Sellars arbeitet bevorzugt mit Julia Bullock. In seiner Regie tanzt und singt Julia Bullock in Amsterdam die Joséphine-Baker-Hommage „Perle Noire“. Eine hochinspirative Meditation, die der zeitgenössische Komponist Tyshawn Tsorey komponiert hat.
Heute Abend live:
hier (BR Klassik)
und
hier (Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks)
sowie am 31. März und am 1. April 2023 in der Isarphilharmonie München
Nachzuhören: hier
Julia Bullock
Walking in the Dark
Nonesuch (Warner) 2022
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