Eine hellblaue Deckenleuchte mit funkelnden Steinchen, original sechziger Jahre, Nachtische, weiß, mit Goldkante, Design DDR, ein hellblauer Bettüberwurf – das Herrenschlafzimmer im Schloss Schönhausen in Berlin-Pankow, ehemals Gästehaus für Staatsgäste der DDR. Das Damenzimmer hingegen in grün-gelb, mit verschnörkelter Nachtischlampe und dem berühmten, fliederfarbenen Badezimmer. Der letzte Staatsgast, der hier nächtigte, war Königin Beatrix 1991. Da gab es die DDR schon nicht mehr, aber die Regentin wollte unbedingt einmal nach Berlin kommen. Die Fantasie schlägt Kapriolen, wenn man sich vorstellt, was die Monarchin wohl über die extravagante Farbgestaltung des Bades gedacht haben möge.
Die Ausstellung „Schlösser für den Staatsgast“ im Schloss Schönhausen im Ortsteil Niederschönhausen in Berlin-Pankow ist mehr als nur sehenswert. Sie macht Geschichte lebendig. Diente das Haus einst der Gattin Friedrich des Großen, Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern, als Sommerschloss, führte es das Politbüro der damaligen DDR einer ganz anderen Bestimmung zu. Als Gästehaus diente es Staatsgästen als Schlaf- und Tagungsstätte, wo auch Pressekonferenzen und Diners stattfanden. Die schönen Zimmer und Säle der Königin wurden umgewandelt in Räume, in denen Politik gemacht wurde, stilistisch bemüht, dem Zeitgeist, der Historie und der Funktion gerecht zu werden, was eher schlecht als recht glückte. Dennoch war das Haus zu Honeckers Zeiten gut gebucht, immer fein abgeschirmt durch eine Mauer, die den prächtig angelegten Park noch heute umfasst. Es gibt Pankower, die noch nie einen Schritt in diese kleine Welt gesetzt haben, obwohl sie nebenan wohnen.
Die DDR versuchte, sich mit dem Schloss und den Staatsempfängen ein eigenes Gesicht zu geben und sich vom Westen abzugrenzen. Genau, wie es die Bundesrepublik Deutschland, von der DDR nur BRD genannt, ebenso wollte. Das westliche Pendant zu Schönhausen stand in Brühl bei Bonn, genächtigt wurde allerdings auf Schloss Gymnich oder im Hotel auf dem Petersberg. Und trotz der Bemühungen, gerade nicht wieder der Bruder auf der anderen Seite der Grenze zu sein, zeigen sich doch auch erstaunlich viele Gemeinsamkeiten. Ost wie West waren geschmacklich eben auch nur Kinder ihrer Zeit. Und auch das Protokoll folgte eisernen Regeln – festgelegt auf dem Wiener Kongress 1815. Ein Prozedere, dass bis heute gültig ist.
Es empfiehlt sich, eine Führung mitzumachen und viele Anekdoten zu erfahren. Zeit bleibt genug, sein Wissen im Anschluss an den zahlreichen Multimediastationen zu vertiefen, damaliger Berichterstattung zu lauschen oder als Zaungast beim Diner zuzuhören. Und wenn unser Tourguide aus Bremen beiläufig sagt „Wir hier in Pankow“ möchte man meinen – Wiedervereinigung geglückt.
„Schlösser für den Staatsgast“ – sehr empfehlenswert.
Schloss Schönhausen
Tschaikowskistraße 1
13156 Berlin
Ausstellung bis zum 30. Juli 2016
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr
Montag: geschlossen
6 Euro/5 Euro
Weitere Informationen und Termine für Führungen durch die Ausstellung sowie für das umfangreiche Begleitprogramm: hier
Im Schloss Augustusburg ist die Ausstellung vom 30. Juli bis zum 1. November 2016 zu sehen.
Schloss Augustusburg,
Parkplatz Max-Ernst-Allee
50321 Brühl
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 9 bis 12 Uhr und 13.30 bis 16 Uhr (letzter Einlass)
Samstag und Sonntag: 10 bis 17 Uhr (letzter Einlass)
Katalog zur Ausstellung bitte klicken
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