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Madame Loulou oder die Kunst des Überlebens

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LiteraturFrédéric Lenormand schreibt einen charmant-frechen Krimi aus dem Paris des Ersten Weltkriegs. Rezension von Barbara Hoppe


Männer sind in der französischen Hauptstadt rar geworden. Der Erste Weltkrieg rafft sie in Massen hinweg, in Paris übernehmen die Frauen die Arbeitswelt. Als Kommissar Raymond Février seinen Einberufungsbescheid bekommt, fällt ihm nur eines ein, um unauffällig zu verschwinden: Er muss eine Frau werden. Aus Raymond Février wird Loulou Chandeleur, die in der Detektei von Cecily Barnett anheuert, deren Vater ebenfalls an der Front kämpft.

Nein, Frédéric Lenormand macht aus dieser Idee kein zweites „Mrs. Doubtfire“ oder eine klamaukhafte Krimikomödie. Sein Ton ist bisweilen ironisch, fast flapsig, aber durchaus zeitgemäß. Sein Protagonist ist ein Mann, der nicht in den Schützengräben von Verdun sterben will und dennoch dafür bereit ist, den Mann in ihm zu begraben. Mit seiner neuen Rolle durchläuft Raymond-Loulou auch gleich die gesamte Leiter männlich-weiblicher Unterschiede in Bezug auf Empfindungen, Gedankenwelten, Interessen und Gefahren.

„Ray wurde jäh klar, dass er sich mit seiner Weigerung, der Gruppe der Vergewaltiger anzugehören, für die Gruppe der Vergewaltigten gemeldet hatte.“

Dieselbe Gesellschaft, und doch ist für Ray plötzlich alles anders. Alkohol in der Öffentlichkeit oder ein Barbesuch am helllichten Tag sind plötzlich passé für den Mann, der nicht nur seinen Schnurrbart opferte, um dem Kriegsgemetzel zu entgehen. Puder, Make-up, Seidenstrümpfe, Perücke und Handtasche sowie die Tatsache, dass ihm die Farbe „mauve“ nicht steht, dominieren von nun an den Alltag von Raymond Février. Frédéric Lenormand erzählt diese Wandlung durchaus amüsant, denn Loulou hat trotz ihres herben Charmes den einen oder anderen Verehrer. Sogar seine Chefin, die junge Cecily Barnett, erliegt zunehmend der emanzipierten Dame, die sich durch nichts einschüchtern lässt.

Und Unerschrockenheit brauchen die beiden Privatdetektivinnen. Ein Erpresser droht der Baronin Schlésinger, wahllos Menschen zu töten und schließlich auch ihren Sohn Paul, der im Krieg ist, sollte sie nicht eine gehörige Summe Schutzgeld zahlen. Mit viel Witz und Gewieftheit schlawinert sich Raymond Février durch ein Paris, in dem Geldnoten nichts mehr wert sind, Taxifahrer mit Dauerwurst bezahlt werden und Museen als Lazarette dienen.

„Schöner sterben in Paris“ ist ein heiterer Kriminalroman, in dem Witz und Humor wichtiger sind als Spannung, auch wenn es einige Tote gibt. Die originelle Idee eines Kommissars in Stöckelschuhen geht voll und ganz auf.

Frédéric Lenormand
Schöner Sterben in Paris
Madame Loulou ermittelt
DuMont Buchverlag, Köln 2019
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Coverabbildung © DuMont Buchverlag

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