„Voyagers”, das neue Werk von André Buttler verbindet Musik, Choreografie und Lichtkunst. Die Uraufführung ist am 16. November 2024 im Theater der Stadt Marl. Die Proben, die seit dem Sommer laufen, sind für alle Beteiligten schon jetzt ein bereichernder Erfahrungsgewinn. Von Stefan Pieper.
Die Magie der Duduk: Ein armenisches Instrument im Dialog mit westlichen Klängen
Es herrscht konzentrierte Stille in einem Probenraum der Scharoun-Schule, diesem vom Berliner Star-Architekten realisierten, außergewöhnlichen Lernort. André Meisner bläst die Backen auf, denn seine Duduk, das traditionelle armenische Holzblasinstrument, erfordert eine solide Luftsäule, um seine beschwörenden, langgezogenen Töne zu entfalten. Doch der Duisburger ist in diesem neuen Werk kein herausgehobener Virtuose, sondern agiert auf Augenhöhe mit einem Kammerensemble aus Streichquartett und Klavier. Denn die meditativen Klänge der Duduk sind Teil eines größeren Ganzen, das sich in mehreren der zwölf Stücke von “Voyagers” in den fließenden Bewegungen von bis zu zwölf Tänzerinnen fortsetzt.
Von Jazz zu Weltmusik: Musiker André Meisner als Duduk-Botschafter
Der Marler Komponist André Buttler hat vor allem in der Filmmusik, aber auch in der Computerspielmusik-Branche seine kreative Heimat gefunden, “Voyagers” ist eines seiner bislang persönlichsten Projekte – vor allem, weil hier die eigene Affinität zur asiatischen Kultur und Philosophie eine große Rolle spielt. Die Neugier auf die Duduk entstand in erster Linie wegen ihrer spezifischen Klangfarbe, aber sie ist natürlich als Botschafter für die weltumspannende Vision dieses neuen Werkes.
Buttler, der bereits 2022 mit seinem interkulturellen Orchesterwerk “Abunuya” – einer Zusammenarbeit mit dem syrischen Pianisten Aeham Ahmad – großen Erfolg hatte, setzt auch bei Voyagers auf kulturelle Verschmelzung. Seine Komposition ist stark von japanischer Musik inspiriert. „In Voyagers habe ich viel mit Quart- und Quintharmonien gearbeitet, die typisch für ostasiatische Musikkulturen sind. Es ist spannend, solche harmonischen Strukturen mit der westlich-europäischen Harmonielehre zusammenzubringen, da man überraschende Schnittmengen entdeckt. Diese Strukturen erinnern auch an die Jazz-Harmonik, in der ebenfalls viel mit erweiterten Akkorden und offenen Intervallen gearbeitet wird.“ Und genau dies macht auch die Probenarbeit zu einem so reizvollen Unterfangen, das sie für die Musikerinnen und Musiker ständig neue Überraschungsmomente offenbart.
André Meisner, kam ursprünglich als Jazz-Saxofonist in der Musikszene und entdeckte die Duduk auf einem Festival. Heute zählt er zu den profiliertesten Spielern dieses Instruments in Deutschland und pflegt zugleich einen lebhaften Austausch mit der armenischen Szene. Die Mitwirkung in einem Kammerensemble ist auch für ihn eine Premiere. „Die Duduk hat eine einzigartige Fähigkeit, Töne sehr lange zu halten und dabei eine besondere Tiefe und Resonanz zu erzeugen. Diese meditative Qualität ergänzt sich perfekt mit der Feinheit und Dynamik der westlichen Instrumente“, erklärt Meisner. Darüber hinaus versteht er sich als Botschafter dieses Instruments und freut sich darauf, dass bei der Uraufführung im Theater Marl viele Menschen diesen außergewöhnlichen Klang für sich entdecken: „Die Duduk entdeckt die Welt und die Welt entdeckt die Duduk, genau darum geht es mir.”
Choreografie und Lichtdesign: Melanie Drüke bringt Voyagers in Bewegung
Die choreografische Gestaltung liegt in den Händen von Melanie Drüke, die ihre Ausbildung am Kieler Institut für Gymnastik und Tanz in den Bereichen Jazz, Modern, Ballett und Folklore absolvierte. Seit 20 Jahren leitet sie mit Herzblut und Professionalität ihr kleines, aber engagiertes Studio TanzKreativ und hat hier schon viele Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen zum Tanzen ermutigt und professionell ausgebildet. Zu vier Stücken von „Voyagers“ hat sie eine Choreografie entwickelt, die das Thema des Aufbruchs und der Suche in Bewegung übersetzt. Aber auch Melanie Drükes Expertise im Lichtdesign, die sie bei zahlreichen Konzerten von André Buttler entwickelte, bringt eine zusätzliche Dimension in die Aufführung. „Das Licht formt hier den Raum und verstärkt die emotionale Wirkung der Bewegungen“, erklärt Drüke.
„Voyagers“ als philosophische Reise: Kulturelle Unterschiede als künstlerische Bereicherung
Das Projekt versteht sich dabei nicht nur als künstlerisches Experiment, sondern auch als philosophische Reise. Der Titel „Voyagers” steht für eine Weltsicht, die kulturelle Unterschiede nicht als Grenzen, sondern als Bereicherung versteht. „Wir wollen keine exotische Klangcollage schaffen, sondern eine authentische Begegnung verschiedener kultureller Ausdrucksformen“, betont André Buttler. In einer Zeit, in der sich kulturelle Gräben scheinbar immer mehr verschärfen, setzt Voyagers ein Zeichen für die verbindende Kraft der Kunst. Das Projekt steht aber auch beispielhaft für die lebendige Kulturszene des Ruhrgebiets, die seit jeher von Vielfalt und künstlerischer Innovation geprägt ist. Letztlich geht es darum, die universelle Sprache der Musik zu sprechen – und die braucht keine Übersetzer.
Samstag, 16. November 2024
Theater der Stadt Marl
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“Voyagers” – music, dance and light art at Theater Marl
André Buttler’s new work Voyagers premieres on November 16 at Theater Marl. This intercultural production merges music, choreography, and light art into a unified whole. Since the summer, rehearsals have taken place at the Scharoun School, an architecturally distinctive venue. Duisburg-based musician André Meisner plays the duduk, a meditative Armenian woodwind instrument, in an ensemble with a string quartet and piano. Choreographer Melanie Drüke translates the theme of journey and discovery into dance movements.
Voyagers is a highly personal project for Marl-based composer André Buttler. Inspired by Asian music and philosophy, Buttler combines Eastern and Western harmonies in his composition. Voyagers continues Buttler’s commitment to cultural fusion, a theme also present in his orchestral work Abunuya with Syrian pianist Aeham Ahmad.
In a time of growing cultural divides, Voyagers sends a message of unity through art. The work is a philosophical journey, seeing cultural differences not as barriers but as enrichment.