Rezension von Barbara Hoppe.

Es ist eine beklemmende, unheimliche Geschichte, die Charlotte Perkins Gilman hier in der Tradition eines Edgar Allan Poe erzählt. Zu einer Zeit, als die Autorin selbst zutiefst unglücklich verheiratet und depressiv war, fasst sie ihr persönliches Leid in diese kurze Ich-Erzählung. Der Erfolg des kleinen Textes brachte es mit sich, dass sie sich zwei Jahre später, 1894, aus der Umklammerung der Ehe befreien und eine Karriere als Journalistin und Rednerin vor allem für feministische Themen beginnen konnte. Eine Laufbahn, die vor dem Hintergrund von „Die gelbe Tapete“ als unmittelbare Konsequenz ihrer Krankheit, dem patriarchalem System und der falschen Behandlung psychisch Kranker betrachtet werden kann. Als letzteres wollte die Autorin ihren Text übrigens verstanden wissen. Mit Erfolg, wie sich später herausstellte, denn ihr eigener Psychiater änderte daraufhin seine Methodik.
Im Schweizer Dörlemann Verlag liegt der Text nun in einer aktuellen Übersetzung von Christian Detoux vor – dankenswerter Weise in einem zweisprachigen schmalen Bändchen. Es lohnt, einen Blick aufs Original zu werfen, zeigt es doch in Form und Sprache besser noch als die Übersetzung die Verzweiflung der heimlich Schreibenden, die Angst vor Entdeckung und den zunehmenden Wahn.
Charlotte Perkins Gilman
Die gelbe Tapete
Deutsch von Christian Detoux
Dörlemann Verlag, Zürich 2018
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