Kolumne von Susanne Falk.
Ich liebe es! Mein Freibad ist alt, es ist nichts Besonderes, es gibt ein völlig überfülltes Schwimmerbecken, wo mir stets die Wiener Omas in die Quere kommen (oder ich ihnen) und im Nichtschwimmerbecken ist es oft so laut, dass man seine eigenen Schreie nicht versteht. Aber es gibt Holzliegen unter großen Bäumen und Pommes und – ein Bücherregal!
Manchmal muss man aus seiner Komfortzone heraus und in den Bikini vom Vorjahr. Ganz ehrlich, der passt untenrum nur noch mäßig gut. Es war ein langer Winter und zweimal Corona hat mich echt geschafft. So unfit war ich wahrscheinlich noch nie in meinem Leben und dass es hier Pommes gibt, hilft auch nicht weiter. Aber wenn man es sich erst einmal auf dem Holz gemütlich gemacht hat, die bleichen Füße in die Sonne streckt, den Rest im Schatten lässt und tief durchatmet, dann riecht man erstens Chlor und zweitens Sommer und letzterer tut der Seele gut.
Allerdings kann ich nur begrenzt den Trubel um mich herum ertragen und greife daher gerne zu Literatur ohne jeglichen Anspruch, die spritztauglich ist. Am besten holt man sich diese aus dem Bücherregal für alle. Darin stehen in einem seltsamen Sammelsurium schlechte Krimis, Fantasybücher, Kinderliteratur und das eine Buch, das man dann doch lesen könnte. So findet man einen Freund für einen Nachmittag.
Freiwillig greife ich eigentlich nie zu so etwas wie Wolfgang Hohlbein, denn aus dem Alter bin ich raus. Aber im Freibad gelten andere Regeln. Nicht vom Beckenrand springen, nicht ins Wasser pinkeln, nicht über die Literatur beklagen. Ich könnte mir ja etwas von daheim mitbringen… Als ob! Man bringt sich ja auch nicht seine eigenen Pommes mit! So etwas mache ich nur im Kino, wo ich heimlich Süßigkeiten hineinschmuggle und zuweilen auch Chips, weil die vor Ort so schrecklich teuer sind.
Hat man eine Stunde in dem Buch abseits des persönlichen Geschmacks gelesen, weiß man erstens, dass Hohlbein (hab ihn doch genommen) ein besseres Lektorat braucht und zweitens stellt man die Bücher wieder dahin zurück, wo sie hergekommen sind. Oder: Man bringt beim nächsten Besuch doch sein eigenes Lesefutter mit und beglückt damit beim Hinausgehen das Hängeregal gegenüber der Schlüsselvergabe. Im Geiste stelle ich mir vor, wie irgendeine Hofratswitwe freudig in meinem alten Schmachtfetzen blättert, sich über den schlechten Stil aufregt, eine Runde schwimmen geht und dann das Buch heimlich mit nach Hause nimmt. So geht Handtuch-zu-Handtuch-Propaganda! Freibad bedeutet immer auch Freibuch. Ich pack schon mal die Badetasche.
My books! „Outdoor pool = outdoor book“
I love it! My public pool is old, nothing special about it. There’s a completely overcrowded lap pool where Viennese grandmas always get in my way (or I get in theirs), and in the non-swimmer pool, it’s often so loud that you can’t even hear your own screams. But there are wooden lounge chairs under big trees, French fries, and – a bookshelf!
Sometimes you have to step out of your comfort zone and into last year’s bikini. Honestly, it only fits moderately well around the bottom. It’s been a long winter, and two rounds of Corona really took a toll on me. I’ve probably never been this unfit in my life, and having French fries here doesn’t help either. But once you’ve settled comfortably on the wooden chair, stretching your pale feet into the sun while keeping the rest in the shade and taking a deep breath, you smell chlorine first and then summer, and the latter is good for the soul.
However, I can only tolerate the hustle and bustle around me to a limited extent, so I gladly reach for literature without any pretensions that can withstand splashes. The best way to get it is from the communal bookshelf. It contains a strange mix of bad crime novels, fantasy books, children’s literature, and that one book that you might actually read. That’s how you find a friend for an afternoon.
I never voluntarily go for something like Wolfgang Hohlbein, as I’ve outgrown that phase. But different rules apply at the public pool. Don’t jump from the pool edge, don’t pee in the water, don’t complain about the literature. I could bring something from home… Yeah, right! Just like I wouldn’t bring my own French fries! I only do that at the movies, where I secretly smuggle in sweets and sometimes even chips because they’re ridiculously expensive on-site.
After spending an hour reading a book that’s not really to my taste, I learn two things: firstly, Hohlbein (yes, I picked him) needs better editing, and secondly, I put the books back where they came from. Or: I’ll bring my own reading material next time and make the hanging shelf opposite the key booth happy as I leave. In my mind, I imagine some widow of a senior official joyfully flipping through my old tearjerker, getting upset about the poor writing style, going for a swim, and then secretly taking the book home. That’s how towel-to-towel propaganda works! The public pool always means a free book too. I’ll start packing my swim bag.
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