Ein Gastbeitrag von Guido Krawinkel.
Wenn es um die Epoche der Romantik geht, wird es zumeist gefühlig, das zeigt ein Blick in die Literatur dieser Zeit – oder einfach in den Duden: Wörter wie empfindsam, gefühlsbetont, gemütvoll, leidenschaftlich, schwärmerisch oder stimmungsvoll werden da unter anderem als Synonyme vorgeschlagen. Die Sache scheint klar: es zählt vor allem das eine: Gefühl.Rationales scheint eher in den Hintergrund zu treten.
Dass sich beides aber durchaus verbinden lässt, zeigt die neue Einspielung der georgischen Pianistin Shorena Tsintsabadze. Mit Werken von Robert Schumann, Johannes Brahms, und Franz Liszt widmet sie sich sozusagen dem Dreigestirn der Klavierromantik. Und dabei geht es natürlich auch mal gefühlig oder leidenschaftlich zu. Aber dazu braucht es eben auch eine astreine Klaviertechnik und einen klaren Kopf. Beides hat Tsintsabadze augenscheinlich, jedenfalls meistert sie die romantischen Schlachtrösser wie etwa Liszts große h-Moll Sonate grandios und behält dabei trotz all des virtuosen Tastengetümmels stets einen klaren Kopf. So leidenschaftlich, wie sie in die Tasten haut, so fulminant gestaltet sie dieses riesenhafte Opus auch. Kontraste werden wirkungsvoll ausgefahren, subtile Nuancen aber nicht vergessen. Der langsame Mittelsatz etwa gelingt ihr ausgesprochen einfühlsam und lyrisch, gleichzeitig führt Tsintsabadze den dramaturgischen roten Faden weiter, der schließlich im fulminanten Schlusssatz aufgeht.
6 Klavierstücke, Op. 118: No. 2 in A Major, Intermezzo · Johannes Brahms
Shorena Tsintsabadze · Dedication ℗ 2023 Ars Produktion
Gleiches gilt für Schumanns C-Dur Phantasie und Brahms‘ A-Dur Intermezzo. Hier erlebt man ebenso hochsensibles wie hochvirtuoses Klavierspiel, das eben nicht nur gefühlig, sondern ebenso klar wie hochsensibel ist. Ein weiterer Pluspunkt dieser CD ist das Programm, das nicht nur eine Ansammlung romantischer Paradestücke, sondern durch vielfältige Beziehungen auch miteinander verknüpft ist. So wollte Schumann seine Fantasie ursprünglich Ludwig van Beethoven widmen und den Erlös aus der Veröffentlichung des Werks einem Fonds zur Errichtung eines Beethoven-Denkmals in Bonn zukommen lassen. Kein anderer als Franz Liszt war seinerzeit einer der Hauptinitiatoren dieses Denkmals. Brahms‘ Klavierstücke op. 118, die vorletzten Kompositionen, die der Komponist zu seinen Lebzeiten veröffentlicht hat, sind seiner langjährigen und innigen Freundin Clara Schumann gewidmet und Liszts h-Moll Sonate schließlich ist Robert Schumann gewidmet, eine Reaktion auf dessen Widmung seiner Fantasie in C-Dur an Liszt. Beziehungsreicher geht es kaum.
Shorena Tsintsabadze
Dedication
Schumann | Brahms | Liszt
ARS Produktion, Mai 2023
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Romantic: Schorena Tsintsabadze „Dedication„
n the Romantic era, emotions take center stage, but Georgian pianist Shorena Tsintsabadze demonstrates that clarity of technique and intellect also have a place. In her new recording featuring works by Schumann, Brahms, and Liszt, she combines passion with flawless piano technique. Tsintsabadze masters virtuosic pieces like Liszt’s h-Minor Sonata with great skill, showcasing subtle nuances while maintaining the thematic thread. Schumann’s C Major Fantasy and Brahms’s A Major Intermezzo offer highly sensitive and virtuosic piano playing that is both clear and heartfelt. The CD program establishes connections between the composers, such as Schumann’s original dedication to Beethoven and Liszt’s role in the Beethoven monument. Brahms dedicated his pieces to Clara Schumann, and Liszt’s h-Minor Sonata was dedicated to Schumann. It’s a multifaceted presentation of piano Romanticism.