- Kraftfeld internationaler Science Art
- Die Preisträger des Prix Ars Electronica & S+T+ARTS Prize 2025
- Ars Electronica: Ein Festival auf vielen Bühnen
- Claudia Hart: Würdigung einer Pionierin
- Junge Kunst, kollaborative Projekte und wissenschaftliche Impulse
- Ars Electronica 2025 Linz: How uncertainty becomes art
Von Barbara Hoppe und Olaf Schirm.
„PANIC: yes/no. Komplex. Absurd. Ominös“ – was zunächst nach maximaler Überforderung klingt, ist bei der Ars Electronica 2025 keineswegs leere Provokation, sondern ein kluger Spiegel unserer Gegenwart. Zwischen Hoffnung und Alarmismus, Denkstarre und kreativem Aufbruch ins Ungewisse, lädt das Linzer Festival Besucher ein, Unsicherheit als Geburtsort des Neuen zu begreifen. Panik ist dabei nicht Endpunkt, sondern Auslöser von Veränderung und Innovation – ein Leitthema, das Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft konstruktiv miteinander verzahnt.
Kraftfeld internationaler Science Art
Kaum ein anderer Veranstaltungsort bündelt so viele zukunftsstarke Impulse wie die Ars Electronica in Linz. Über 122.000 Besucher, 379 Exponate, 684 Programmpunkte, 1.472 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Kunst und Wissenschaft sowie gesellschaftlich Engagierte setzten Maßstäbe für Science Art, also Kunst, die durch Wissenschaft und Technologie inspiriert oder gemeinsam mit ihnen realisiert wird. Die kreative Wucht junger Nachwuchskünstlerinnen und -künstler spiegelt sich in der Fülle visionärer Projekte wider: VR-Erlebnisse, Klangexperimente, kritische Tiefenreflexion globaler Herausforderungen, aggressive Roboterhunde an schweren Ketten, Nebel, der in einem Kreiswirbel gefangen wird, Fußballmannschaften, die mit der Erdkugel Ball spielen.
Die Preisträger des Prix Ars Electronica & S+T+ARTS Prize 2025
Im Herzen des Festivals stehen die Preisträger des Prix Ars Electronica, ausgezeichnet mit der Goldenen Nica, und des hochdotierten S+T+ARTS Prize. Zu den diesjährigen Goldenen Nicas, quasi der „Oscar für künstlerisch innovative Meisterleistungen“, zählen international gefeierte Werke wie „Requiem for an Exit“ von Thomas Kvam und Frode Oldereid aus Norwegen, eine skelettartige Roboterinstallation, die in eindringlichem Monolog Genozide und kollektive Verantwortung reflektiert. Der in Kanada lebende, gebürtige Iraner Navid Navab und der Kanadier Garnet Willis beschäftigen sich mit ihrem Werk „Organism“ mit der Wahrnehmung sakraler Musik durch eine robotisch modifizierte Orgel, deren offene, chaotische Klangsphären zum Eintauchen einladen.
Paula Gaetano Adis aus Argentinien setzt mit „Guanaquerx“ ein Zeichen für kollaborative KI und planetare Befreiung, indem erstmals ein Roboter – ein vierbeiniger Rover, der nach dem Vorbild des in den Anden heimischen Guanakos konstruiert wurde – zusammen mit Tieren und Menschen die Anden überquert – in Anlehnung an die Andenüberquerung von 1817, als das revolutionäre Heer unter José de San Martín gegen die Kolonialmacht Spanien kämpfte.
Der S+T+ARTS Prize würdigt künstlerische Forschungsprojekte, die sich mit aktuellen gesellschaftlichen, technologischen und ökologischen Fragen auseinandersetzen. Herausragend sind „AI War Cloud Database“ von Sarah Ciston, das die Machtstrukturen von KI und Militär in einer eindrucksvollen, mehrteiligen Wanddarstellung in erschreckender Weise aufzeigt, wie sehr jeder einzelne bereits in digitalen Netz gefangen ist. „Sensing Quantum“ der Light Art Space Foundation, ein weiterer S+T+ARTS Preisträger, nutzt Quantentechnologien für immersive Kunstinstallationen.

Photo: Ars Electronica / Martin Hieslmair
Ars Electronica: Ein Festival auf vielen Bühnen
Wenn die Ars Electronica fünf Tage im September in die Stadt Linz Einzug hält, dann ist auch wirklich die ganze Stadt gemeint, wenngleich die POSTCITY, das ehemalige Postverteilzentrum mit seiner monumentalen Architektur und rauen Energie das Herzstück des Festivals darstellt. Dieses Jahr allerdings letztmals, bevor der Standort im urbanen Wandel verschwindet. Doch arm an inspirierenden Veranstaltungsorten ist Linz nicht: Da ist natürlich das Ars Electronica Center, das „Museum der Zukunft“ am Donauufer, mit seinem „Deep Space 8K“ für immersive VR und Musikkonzerte, dann das Atelierhaus Salzamt, das Lentos Kunstmuseum, die Kunstuniversität, die Bruckner und die Johannes-Keppler-Universität und viele kleine und größere Stätten mehr. Jede Location setzt ihren eigenen Akzent – ob zukunftsweisende Kollaborationen zwischen Wissenschaft und Kunst, performative Installationen zu künstlicher Intelligenz oder partizipative Projekte wie „create your world“ für Kinder und Jugendliche.
Claudia Hart: Würdigung einer Pionierin
Ein ganz besonderes Highlight präsentierte das Francisco Carolinum. Neben Ausstellungen zu Peter Kogler und Erwin Wurm stach vor allem die Schau der US-amerikanischen Künstlerin Claudia Hart hervor. Hart, eine Pionierin der Medienkunst seit den frühen 1990er-Jahren, kombiniert 3D-Computergrafik, Animation und immersive Installationen zu poetischen, oft kritisch-feministischen Bildwelten. Ihr Werk hinterfragt Sehgewohnheiten und Machtstrukturen, indem es algorithmisch erzeugte Körper zwischen Schönheit, Künstlichkeit und Verfremdung oszillieren lässt. Die Ausstellung eröffnet ein Panorama, wie digitale Kunst nicht nur virtuelle Welten formt, sondern auch in unserer Umgebung gesellschaftliche Vorstellungen von Geschlecht, Identität und Körper ästhetisch neu verhandelt.
Junge Kunst, kollaborative Projekte und wissenschaftliche Impulse
Neben Pionieren der Science Art und etablierten Künstlern präsentierte die diesjährige Ars Electronica auch eine Vielzahl herausragender Arbeiten junger Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt– insbesondere in der Kategorie „u19–create your world“. Bemerkenswert dabei ist die Bandbreite kollaborativer Projekte. Wissenschaftliche Innovationen verschmelzen mit künstlerischer Fantasie, sei es bei KI-generierten Erinnerungsbildern wie bei dem Werk „Synthetic Memories“ aus Barcelona – ausgezeichnet mit dem „Grand Prize for Digital Humanity“ – zur Trauma-Bewältigung oder auch bei politisch engagierten Forschungsprojekten, die neue Wege für gesellschaftliche Teilhabe aufzeigen, z.B. durch Citizen Science und Wissenschaftsbeteiligung mit Hilfe von sozialen Plattformen, Konferenzen und Ausstellungen.
Die Ars Electronica lädt Kulturbegeisterte einmal mehr zu einem inspirierenden, überraschenden und international vernetzten Erlebnis ein, das Zukunft greifbar, fühlbar und gestaltbar macht. Linz leuchtet – und die Ars Electronica zeigt auf höchstem Niveau, wie eine neue Künstlergeneration aus Komplexität Kunst entstehen lässt, die bewegt und begeistert.
Was das Festival 2025 so besonders machte:
- Goldene Nicas für KI-Roboterkunst und sakrale Klangexperimente
- Claudia Hart zeigt feministische 3D-Installationen im Carolinum
- Junge Science Art mit globaler Relevanz und partizipativer Forschung
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Ars Electronica 2025 Linz: How uncertainty becomes art
“PANIC: yes/no. Complex. Absurd. Ominous” – under this theme, Ars Electronica 2025 invites us to see uncertainty as a spark for creativity. The Linz-based festival merges art, science, and society, showing how panic can drive innovation. With over 122,000 visitors and hundreds of events, it’s a global hub for Science Art—art inspired by technology and research.
Visionary projects span VR experiences to robotic installations. At its heart are the Prix Ars Electronica and S+T+ARTS Prize winners, including “Requiem for an Exit” and “Guanaquerx,” exploring responsibility and planetary liberation. The S+T+ARTS Prize honors artistic research on AI, military power, and quantum art. POSTCITY, the festival’s iconic venue, bids farewell this year, but Linz remains rich in inspiring locations like the Ars Electronica Center and Francisco Carolinum, where Claudia Hart’s feminist media art stands out. Young talents and collaborative projects shine, such as “Synthetic Memories” from Barcelona, addressing trauma through AI-generated imagery.
Ars Electronica makes the future tangible—an artistic, societal, and technological adventure.







