Rezension von Barbara Hoppe
Luca Dotti lädt uns ein an den Esstisch seiner berühmten Mutter Audrey Hepburn. Herausgekommen ist ein sehr persönliches Buch über die berühmte Schauspielerin. Ein Sohn erzählt von seiner Mama und gewährt Einblick in ganz persönliche Momente eines Superstars, der keiner sein wollte.
Für die einen war sie eine der besten Schauspielerinnen und begehrtesten Frauen der Welt, für den kleinen Luca Dotti war seine Mutter die Frau, die die beste Tomatensoße machte. Audrey Hepburn war ein Familienmensch und sie liebte Essen. 1929 in Belgien geboren, erlebte sie die harten, angsterfüllten Kriegsjahre und die Besatzung der Deutschen. Nach Kriegsende musste sie ihren Traum, Tänzerin zu werden, begraben. Der Trainingsrückstand durch Hunger und Krieg war nicht mehr aufzuholen, sodass an Tanz nicht mehr zu denken war. Sie warf sich in die Karriere als Schauspielerin, doch nach der zweiten Eheschließung mit dem italienischen Psychiater Andrea Dotti zog sie sich zurück, um ganz für die Familie da zu sein. Es sind vor allem diese Jahre des Familienalbums, die Luca Dotti in seiner „Küchentisch-Biographie“ aufschlägt. Er erinnert sich an die Lieblingsgerichte seiner Mutter, und verknüpft sie mit Episoden und Anekdoten rund um das Familienleben. Es sind Jahre, in der er die Mama erlebte, nicht den Superstar. Anfang der siebziger Jahre war Audrey Hepburn von den Titelblättern so gut wie verschwunden, der Kult um sie hatte noch nicht begonnen. Erst nach ihrem Tod 1993 begriff Luca Dotti, dass er „Hepburns Sohn“ war. Was wir hier lesen ist, „[…] die Erinnerung an das, was ich mit meiner Mutter erlebt habe, und was mir über sie im Lauf der Jahre klar wurde.“
Behutsam lässt uns Luca Dotti aus der Perspektive des kleinen Sohns und des erwachsenen Mannes einen Blick auf seine Mutter werfen. Eine Frau, die nie ihre Memoiren schreiben wollte: „Ich müsste die ganze Wahrheit erzählen, Luchino, ich könnte nicht nur über die schönen Dinge sprechen. Und ich will nicht schlecht über andere reden“, erklärt sie ihrem Sohn. Die Rezepte, die ihm nach dem Tod der Mutter eher zufällig in einer Mappe entgegenfielen, sind der Königsweg. Mit ihnen spazieren wird direkt hinein ins Leben der Audrey Hepburn, wie sie ganz privat war: Mal verliebt, mal als junge Mutter, nach dem Verlust ihrer ersten Kinder oder auch der großen Liebe, gemeinsam mit Freunden oder ganz entspannt beim Nickerchen auf dem Sofa. Ohne voyeuristisch zu sein schauen wir auf persönliche Fotos, die – ein wenig rot- und gelbstichig – an unsere eigene Kindheit erinnern. Nur sehen wir auf den Bildern wie selbstverständlich Prominente wie Yul und Doris Brynner sowie Connie Wald, die besten Freundinnen von Audrey Hepburn, Capucine oder Hubert de Givenchy, betrachten Fotos von ihrem Mann und ihrem Sohn und vom geliebten Haus und dem Garten „La Paisible“ in der Schweiz.
Seite für Seite blättern wir durch die Kapitel eines bewegten Lebens, angefangen im vom Krieg gezeichneten Holland und die Schauspielzeit in Hollywood über Rom, wo sie als Ehefrau und Mutter glücklich war, bis in ihr schönes Anwesen in der Schweiz und zu ihrer letzten großen Aufgabe als UNICEF-Sonderbotschafterin. Bilder und Briefe hat Luca Dotti zusammengetragen und immer wieder Kochrezepte: Hutspot aus der Zeit in den Niederlanden, Currys und Schokoladenkuchen, amerikanische Fast Food Varianten, Crumbles und Confits sowie Audreys große Leidenschaft: Pasta. Sie liebte Nudeln so sehr, dass sie sie sogar mit auf Reisen nahm. Kaum zu glauben, bedenkt man, wie schlank die Schauspielerin Zeit ihres Lebens war. Sorgfältig sind sie aufgeschrieben, die Rezepte ihres Lebens. Ideal zum Nachkochen, mit Varianten und nie zu kompliziert. Ein Buch, das eher ins Regal der Kochbücher als der Biographien gehört. Was der Qualität des einen wie des anderen keinen Abbruch tut.
„Zuhause bei Audrey“ ist, als wäre man ganz zwanglos zum Essen eingeladen ohne zu merken, dass man einer der berühmtesten Schauspielerinnen der Welt gegenüber sitzt. Am Ende hat man nicht nur hervorragend gegessen, sondern wurde auch bestens unterhalten und hat ganz nebenbei eine sehr persönliche Audrey Hepburn kennengelernt.
Luca Dotti
Zuhause bei Audrey
DuMont Verlag, Köln 2016
Zuhause bei Audrey: Die Lieblingsgerichte meiner Mutter. Rezepte, Geschichten und Fotos aus dem Familienalbum
In „At Home with Audrey“, Luca Dotti talks about his mother, the actress Audrey Hepburn, and offers insights into her very personal moments. Hepburn was a family and food lover who never wanted to write a biography. Dotti recalls his mother’s favourite dishes and links them to episodes from family life. The book contains personal photos and letters, as well as many cooking recipes, including pasta, Audrey’s great passion. The book offers insights into Hepburn’s life from her time in the Netherlands to her work as a UNICEF special ambassador and is a successful mixture of cookbook and biography.
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