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„Die Spielerin“: Mafia-Krimi über Geld und Macht

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Literatur

Im Krimi „Die Spielerin“ von Isabelle Lehn tauchen wir ein in die undurchsichtige, gnadenlose Welt der Finanzmärkte – und die der Mafia. Von Barbara Hoppe.

Mafia: Lautlos und unauffällig

Als der Deutsche Depeschendienst 2012 bereits zum dritten und letzten Mal in die Insolvenz schlitterte, gewährte dieser Abgang auch einen Blick in die präsente und doch so unsichtbare Welt der Mafia. Eine Mafia, die nichts mit dem faszinierenden Bild gemein hat, das uns Filme wie „Der Pate“ vorführt. Die Mafia bei Isabelle Lehn arbeitet leise, höflich, unauffällig. Und sie bedient sich Menschen, die ebenso unauffällig agieren. Deren physische Erscheinung so beliebig ist, dass sie unter dem Radar der Aufmerksamkeit agieren können.

Unsichtbar und skrupellos

Zu solchen gehört A. Sie ist die zentrale Figur dieses äußerst fesselnden Romans. Dem Mief eines kleinen niedersächsischen Dorfs entflohen, bewegt sie sich in Zürich in den Höhen der internationalen Finanzwelt, in der Frauen wie sie immer noch belächelt werden. In Klischees gefangen, zeigt Lehn, dass die Regeln für A. härter sind als für ihre männlichen Kollegen. Hohe Absätze sind ein Symbol für das Image, das sie wahren muss, während sie in einer von Männern dominierten Welt operiert. Dies macht sie jedoch so geschickt, dass ihre Kollegen gar nicht merken, wie sie durch A. zur Karikatur degradiert werden. Denn A. stellt keine Fragen. Skrupellos bereitet sie den nächsten Deal vor und verschleiert virtuos Finanzgeschäfte. Es dauert nicht lange, und die Lücke der fehlenden Anerkennung durch Vorgesetzte und Kollegen füllt die Mafia. Denn sie ist es, die ihre knallharte Strategie anerkennt und für sich zu nutzen weiß. Isabelle Lehn zeigt auf beklemmende Weise, wie die Mafia allgegenwärtig ist – überall, wo Geld fließt, zieht sie die Fäden im Hintergrund.

Die Spielerin Isabelle Lehn S. Fischer Verlag Cover
Cover: S. Fischer Verlag

Doppeltes Spiel

Und hier sind wir wieder beim Deutschen Depeschendienst. Denn die Pleite soll damals maßgeblich von einer gewissen Martina N. forciert worden sein. Eine unscheinbare Frau aus dem niedersächsischen Einbeck mit einer Finanzkarriere in Zürich und Russland. Die italienische Polizei nahm sie schließlich in der Luxussuite eines Hotels in Florenz fest. Bei Isabelle Lehn ist es A., der diese Rolle gebührt. Als Maulwurf sitzt sie im Call-Center einer Nachrichtenagentur, unscheinbar in einem Halbtagsjob mit kleinem Gehalt. Niemand weiß, dass es diese Frau ist, die alle Fäden in der Hand hält und die Männer nach ihrer Nase tanzen lässt. Das Mietshaus, in dem sie selbst in einer schäbigen Wohnung wohnt, gehört ihr. Mit der Miete aus dem schicken Penthouse, das der Berater der Nachrichtenagentur gemietet hat und der nicht ahnt, wer da unter ihm wohnt, verdient sie mehr als mit ihrem Gehalt. Die perfekte Tarnung für eine Frau ohne Eigenschaften außer jener, unbemerkt und unsichtbar zu agieren.

Rückblick einer Komplizin

Erzählt wird die Geschichte rückblickend von einem nicht näher benannten „Wir“. A. steht vor Gericht und den Leser beschleicht das Gefühl, bei der Erzählung Komplize der Mafia zu sein, die fast wohlwollend auf jene Frau zurückblickt, die ihr so viele wertvolle Dienste geleistet hat. Entlarvend hingegen sind die Aussagen der Zeugen. Keiner von ihnen – ausnahmslos Männer – hatten einen Schimmer davon, welches Spiel A. mit ihnen trieb. Die Fassungslosigkeit darüber spricht aus jeder Zeile. Die Selbstgefälligkeit dieser Männer allerdings auch.

Die Eleganz des Bösen

All das liest sich rasant, fast filmisch – selten wurde so spannend über Geld geschrieben. „Die Spielerin“ ist ein Mafia-Krimi der besonderen Art. Keine Morde, keine Entführungen, sondern die aalglatte Finanzwelt beherrscht das Spielfeld. Ein Buch, das den Leser nicht nur fesselt, sondern auch nachdenklich macht. „Die Spielerin“ ist ein tiefgründiger Krimi über Macht, Geld und Einsamkeit, der in seiner Komplexität und Spannung überzeugt. Ein Buch, das man nicht aus der Hand legen kann und das noch lange nachwirkt.

Isabelle LehnDie Spielerin
Verlag S. Fischer
Frankfurt/Main 2024
bei amazon
bei Thalia

Was das Buch lesenswert macht:

  • Mafia und Geld als unsichtbare Macht
  • Vielschichtiges Doppelleben einer Frau
  • Finanzwelt als Bühne des Verbrechens

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

“The Player”: Mafia thriller about money and power

In Isabelle Lehn’s thriller “The Player,” finance and the Mafia merge in a chillingly realistic story. A., the protagonist, escapes her small-town roots to rise in Zurich’s financial elite. Often underestimated as a woman, A. operates subtly and ruthlessly, catching the attention of the Mafia, who exploit her talents for their own gain.

The plot draws inspiration from real events, including the 2012 insolvency of Germany’s news service agency, allegedly influenced by Martina N. Similarly, Lehn’s A. leads a double life: a call-center employee by day, a mastermind of financial schemes by night.

Narrated from a collective “we,” the story pulls readers into the mindset of Mafia accomplices. The thriller captivates with its fast-paced style, gripping twists, and profound insights into power dynamics. Without relying on murder or violence, Lehn reveals how the Mafia silently controls the financial world.

1 Gedanke zu „„Die Spielerin“: Mafia-Krimi über Geld und Macht“

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