„Ich habe in den 27 „Orpheum-Jahren“ keinen einzigen Flop erlebt“, sagt Hans Heinrich Coninx. Der promovierte Historiker absolvierte zunächst eine musikalische Ausbildung, bevor er in die Wirtschaft wechselte. 1990 gründete er die Orpheum Stiftung mit dem Ziel, jungen, aufstrebenden Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit zu geben, im musikalischen Austausch mit renommierten Dirigenten und Orchestern aufzutreten.
Ganz neu hingegen ist das Orpheum Supporters Orchestra. Es vereint seit 2016 ca. 80 Amateur-Musiker, von denen viele eine professionelle Musikausbildung durchlaufen haben, selbst Orchestermusiker bei namhaften Klangkörpern wie dem Tonhalle Orchester Zürich, dem Berliner Rundfunkorchester oder den Festival Strings in Lucerne waren, oder eine Solistenausbildung abgeschlossen haben. Sie alle haben sich jedoch für einen anderen Weg, eine „bürgerliche Laufbahn“ entschieden und sind heute vielfach Führungskräfte aus der Wirtschafts- und Finanzbranche, aus Politik und Wissenschaft.
Barbara Hoppe sprach mit Hans Heinrich Coninx über dieses neue Projekt und die Arbeit der Stiftung.
Feuilletonscout: Gerade fand das Konzert mit dem Orpheum Supporters Orchestra statt. Es war der zweite Auftritt, ankündigt war es als Experiment. Wie ist es verlaufen? Sind Sie zufrieden?
Hans Heinrich Coninx: Das Konzert war ein voller Erfolg, so die Resonanz beim Publikum wie bei den Mitwirkenden. Für mich persönlich war es eine erneute Bestätigung, dass wir diese Idee weiterverfolgen sollten. Die Voraussetzungen sind da, dass aus dem Experiment ein etabliertes Orpheum-Format werden kann.
Feuilletonscout: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein solches Orchester zu gründen, das aus Amateurmusikern besteht, die alle eine hochkarätige Musikausbildung haben, sich aber für eine „nicht-musikalische“ berufliche Laufbahn entschieden haben?
Hans Heinrich Coninx: Wir haben in den letzten Jahren bewusst versucht, die Orpheum Idee breiter abzustützen. Die Erkenntnis, dass es gerade unter Führungspersönlichkeiten viele hervorragende Laienmusizierende gibt, stand am Anfang dieser Projektentwicklung. Das Orpheum Supporters Orchestra bietet diesen eine Möglichkeit, um konzentriert und auf höchstem Niveau ein orchestrales Programm zu erarbeiten und dieses unter der Stabführung von Howard Griffiths vorzutragen. Gleichzeitig bietet sich uns die Gelegenheit, diesen Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft, Kultur und Politik das Ziel unserer Stiftung, die Förderung junger Solistinnen und Solisten, näher zu bringen. Darüber hinaus gelingt es uns, ein neues Publikum anzusprechen.
Feuilletonscout: Sie selbst haben zunächst Flöte und Cello studiert, sind dann aber zu Geschichte, der Publizistik, Betriebswirtschaft und Informatik gewechselt. Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen? Warum beschließt man, die Musik doch nicht zu seinem Beruf zu machen? Immerhin sind im Orpheum Supporters Orchestra 80 Personen, die sich so entschieden haben.
Hans Heinrich Coninx: Was die Motive der einzelnen Mitglieder des Orchesters waren, Musik nicht als Beruf zu wählen, weiß ich nicht. Meine Interessen waren nie ausschließlich auf die Musik ausgerichtet. Geschichte und Publizistik waren mir stets ebenso wichtig. Dass ich mich entschied, im Medienunternehmen meiner Familie tätig zu werden, liegt selbstverständlich in der traditionellen Verwurzelung der Familie Coninx im Verlagswesen begründet.
Feuilletonscout: Vor 27 Jahren haben Sie die Orpheum Stiftung zur Förderung junger Solisten gegründet. Was war der Anlass für diese Gründung?
Hans Heinrich Coninx: Ausschlaggebend war eine Begegnung mit dem libanesischen Geiger Ara Malikian. Dieser studierte bei meinem Cousin Jens Ellermann, der damals als Professor in Hannover tätig war. Der junge Musiker gab in Hamburg ein Privatkonzert, kurz bevor er den Mendelssohn-Preis gewann. Im Gespräch mit ihm reifte der Gedanke, diesem hoch talentierten Künstler eine Plattform für eine internationale Karriere zu bieten. Doch dies war leichter gesagt als getan.
Feuilletonscout: Um von Ihrer Stiftung gefördert zu werden, muss man keine Wettbewerbe gewinnen. Nach welchen Kriterien gehen Sie dann vor?
Hans Heinrich Coninx: Ganz wichtig sind die Vorschläge aus dem Kreis der Mitglieder unseres künstlerischen Kuratoriums, dem insbesondere renommierte und erfahrene Dirigenten angehören. Sie kennen junge Solistinnen und Solisten häufig aufgrund von mehreren Begegnungen und wissen deren Talente und Fähigkeiten sehr umfassend einzuschätzen – nicht nur in Bezug auf instrumentales Können und Musikalität, sondern auch hinsichtlich ihres künstlerischen Entwicklungspotenzials oder ihrer Bühnenpräsenz. Darüber hinaus berücksichtigen wir auch regelmäßig Bewerbungen, die uns direkt erreichen. Howard Griffiths beurteilt diese und präsentiert sie den von uns verpflichteten Dirigenten, unter deren Stabführung die jeweiligen Orpheum-Konzerte stattfinden.
Feuilletonscout: Hilft es Ihnen mitunter, dass Sie durch Ihren „bürgerlichen“ Beruf als Verleger einen gewissen Abstand zum professionellen Musikbetrieb haben?
Hans Heinrich Coninx: Ohne Nähe zum professionellen Musikbetrieb, kann man die Stiftung nicht leiten. Da ich meinen Beruf als Verleger stets auch als sehr kreativ erlebt habe, fühle ich mich aber vor allem den von der Stiftung geförderten jungen Interpretinnen und Interpreten sehr eng verbunden.
Feuilletonscout: Was verschafft Ihnen in Ihrer Tätigkeit für die Stiftung die größte Befriedigung?
Hans Heinrich Coninx: Zu spüren, dass unsere Konzerte den jungen Solistinnen und Solisten Türen für ihre weitere Karriere öffnen.
Feuilletonscout: Gab es je Anlass zu Enttäuschung? Oder auch zu ganz besonderer Freude?
Hans Heinrich Coninx: Ich habe in den 27 „Orpheum-Jahren“ keinen einzigen Flop erlebt. Nach jedem Konzert ging ich mit dem Gefühl nach Hause, dass der Abend ein besonderer war. Jeder für sich, auch wenn nicht jeder herausragend war.
Feuilletonscout: Sie engagieren sich für Nachwuchssolisten und bieten den jungen Musikern eine großartige Chance, im Zusammenspiel mit hochkarätigen Orchestern Bühnenerfahrung zu sammeln. Gibt es etwas darüber hinaus, wofür Sie sich einsetzen bzw. einsetzen möchten? Wenn nicht sogar in der Kultur- und Musiklandschaft verändern wollten, wenn Sie könnten?
Hans Heinrich Coninx: Orpheum ist eine rein privat finanzierte Stiftung. Daneben gibt es subventionierte kleinere und mittlere Kulturinstitutionen, die unter dem Spardruck der öffentlichen Hand häufig weit mehr zu leiden haben als große Häuser. Gegen deren Benachteiligung wehre ich mich, wo immer es möglich ist.
Feuilletonscout: Was sind die nächsten Aktivitäten der Stiftung?
Hans Heinrich Coninx: Wir werden unsere Förderidee auch auf andere Formate adaptieren. Neben den großen Orchesterkonzerten soll der Austausch zwischen erfahrenen Musikern und jungen Solisten vermehrt auch in kleineren Sälen ermöglicht werden. Gemeinsam mit der Géza Anda Stiftung präsentieren wir bereits im Herbst dieses Jahres ein neues Projekt, bei dem ehemalige Anda Preisträger und Orpheum Solisten auf die jüngste Solistengeneration treffen werden. Unsere CD-Reihe in Kooperation mit Sony wird demnächst mit Aufnahmen mit dem Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung von Howard Griffiths fortgesetzt. Zwei Orpheum Solisten spielen dabei Werke von Fazil Say. Die Vorbereitung dieser Einspielungen geschah in engem Austausch mit dem Komponisten.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Coninx!