Auf ihrer Tour durch Europa machte Fran Lebowitz am 6. November in Wien Station, unterhielt das Publikum im ausverkauften Gartenbaukino aufs Beste und hatte ein paar überraschende Antworten auf drängende Fragen im Gepäck. Von Susanne Falk.
„Salmon or Cyanide“: Lebowitz seziert die US-Wiederwahl
Einen Tag nach den Präsidentschaftswahlen in den USA und der Wiederwahl Donald Trumps trat die kluge New Yorkerin vor ein relativ aufgewühltes, überwiegend junges Wiener Publikum, das kollektiv geschockt schien von der Wiederwahl Donald Trumps. Auf die Frage, warum die US-Amerikaner noch einmal Trump gewählt hätten statt Harris, fiel Lebowitz‘ Antwort entsprechend wortreich aus: Eigentlich sei dies gar keine echte Wahl gewesen. Wenn man es recht bedenke, hätte es niemandem in den USA schwer fallen müssen, sich zu entscheiden, obwohl genau das die vielen unentschlossenen Wählerinnen und Wähler behauptet hätten, nämlich dass man sich so schwer zwischen Trump und Harris hätte entscheiden können. „Was ist das für eine Wahl?“, fragte Lebowitz denn auch sehr richtig und zog eine Analogie zu einem Restaurantbesuch, wo man sich zwischen Fisch und Fleisch entscheiden müsse. Bei der Präsidentschaftswahl aber gab es nur die Möglichkeit von „salmon or cyanide“, also Lachs oder Zyankali.
Schreibfaul? Fran Lebowitz erklärt, warum Faultiere schneller sind
Dank der sehr zurückhaltenden Moderation Gabriel Proedls, der seine Gesprächspartnerin einfach frei erzählen ließ, ohne ihr verbal im Weg herumzustehen, war man von der ersten Minute an gefesselt vom Witz, Charme und Intelligenz dieser überaus eindrucksvollen Frau, die erstaunlich wenig zynisch, dafür aber umso ehrlicher auf gewisse Fragen des Moderators antwortete, etwa ob sie aktuell schreibe oder ob sie nach wie vor unter einer Schreibblockade leide. Sie sei nicht blockiert, so Lebowitz, arbeite aber langsamer als ein Faultier, nur würde sie derzeit überhaupt nicht schreiben und das klang erstaunlich ehrlich, so als hätte die Schriftstellerin es aufgegeben, sich und der Leserwelt vormachen zu wollen, dass da etwas Bedeutendes im Entstehen sei. Auch nach ihrer Beziehung zu Toni Morrison wurde sie gefragt und wie sie die Nobelpreisverleihung ihrer Freundin empfunden habe, bei der sie anwesend war. Lebowitz geriet darauf ein wenig ins Schwärmen und erzählte davon, wie lustig sie es gefunden habe, in einem Auto durch eine Fahnen schwingende Menschenmenge zu fahren, die Wissenschaftlern oder eben auch einer Schriftstellerin zugejubelt hätte. So etwas würde in den USA nie geschehen, dass man für Schriftsteller Spalier stehe und juble.
Das Publikum, das bereits nach einer halben Stunde ins Gespräch mit einbezogen wurde, stellte auch viele Fragen, vorwiegend zur US-Wahl, zu ihrem Leben in New York oder was Kunst für sie bedeute und Lebowitz antwortete freigiebig zu jedem Thema, wurde mal ernst, wenn es um Politik oder schwärmerisch wenn es um New York ging. Nach einer so langen Reise (sie gastiert seit rund zwei Wochen in Europa) fühle sie sich tatsächlich „homesick“ und freue sich wieder auf New York.
Ungarn verlassen? Lebowitz gibt klare Ratschläge
Als die Frage einer jungen Ungarin an sie gerichtet wurde, ob sie mit der aktuellen Lage in Ungarn vertraut sei und was sie von der Politik unter Orban halte, nahm das Gespräch allerdings eine überraschend emotionale Wendung. Ja, sie verfolge die ungarische Politik tatsächlich, erzählte Lebowitz, da sie dank einer ungarischen Großmutter auch Wurzeln in Ungarn habe und wenn sie der jungen Frau etwas raten dürfe, dann das: „Leave!“ Sie solle Ungarn am besten baldmöglich verlassen. Lebowitz zog, ohne es direkt anzusprechen, Parallelen zur faschistischen und kommunistischen Vergangenheit Ungarns und gab zu bedenken, dass die Menschen damals auch besser gegangen wären, bevor man sie nicht mehr außer Landes gelassen habe.
An diesem Punkt machte sich eine gewisse Beklemmung im Publikum bemerkbar, und folgerichtig kam die Frage auf, wohin die ganzen Ungarn denn gehen sollen, worauf Lebowitz, selbstverständlich, New York ins Spiel brachte, weil man sich hier, so unterschiedlich die Menschen auch seien, wenigstens gegenseitig leben lasse.
Zum Schluss wurde es noch einmal in bewährter Lebowitzart satirisch, als die Frage aus dem Publikum an sie gerichtet wurde, was sie von J. D. Vance halte. Der könne ja wohl an die Macht kommen, sollte Trump im Amt sterben. Darauf Lebowitz: „Machen Sie sich keine Hoffnung. Trump stirbt nicht! Kein Virus der Welt würde in diesen Körper eindringend wollen!“
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Fran Lebowitz in Vienna: An evening full of wit and wisdom
By Susanne Falk.
On November 6, Fran Lebowitz performed at Vienna’s sold-out Gartenbaukino, captivating the audience with wit and insight.
Just one day after Donald Trump’s reelection, Lebowitz explained why she saw the choice as no real election: “Salmon or Cyanide” – fish or poison, as she described the options between Trump and Harris. The audience, shocked by the results, responded with humor and agreement.
Gabriel Proedl’s restrained moderation allowed Lebowitz to speak freely. She candidly admitted that she’s not currently writing, saying, “I’m not blocked, just slower than a sloth.” She also shared personal anecdotes, including her impressions of Toni Morrison’s Nobel Prize ceremony and her thoughts on Europe’s literary culture compared to the U.S.
When a young Hungarian asked about her views on politics under Orban, Lebowitz replied emotionally: “Leave Hungary!” Drawing parallels to history, she warned against political regression.
The audience asked questions ranging from U.S. elections to art. Lebowitz ended satirically: “Trump won’t die. No virus would want to enter that body!”