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Meine Bücher! „Film ab!“

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frau mit büchern

Kolumne von Susanne Falk.

Da steht sie, Lucy Honeychurch, im von Klatschmohn durchsetzten Kornfeld und küsst George Emerson, während sich im Hintergrund Kiri Te Kanawa mit „Chi bel sogno di Doretta“ (aus Puccinis La Rondine) die Seele aus dem Leib singt. Schöner kann ein Filmkuss nicht gelingen! Und schöner wurde auch nie ein Buch verfilmt als es James Ivory mit „Zimmer mit Aussicht“ von E. M. Forster gelungen ist.

Es gibt ja wahrlich schreckliche Literaturverfilmungen, die mir heute noch vor Scham die Tränen in die Augen treiben. „Die unendliche Geschichte“ ist so ein Fall: Was habe ich das Buch geliebt und wie leidenschaftlich habe ich dessen Verfilmung gehasst, inklusive der ultranervigen Hitsingle „Never Ending Story“ von Limahl. (Drei Takte genügen und ich verlasse den Raum… Suzie-Poo signing out!) Übrigens fand Michael Ende die Verfilmung auch schrecklich und das vollkommen zurecht! Und dann gibt es die selteneren Filmereignisse, bei denen der Film besser als die literarische Vorlage ist, z.B. „Casablanca“, einer meiner absoluten Lieblingsfilme, der auf dem mäßig erfolgreichen Stück „Everbody Comes to Rick‘s“ basiert.

Aber es kommt so gut wie nie vor, dass Roman und Film gleichermaßen verzaubern. James Ivory ist es mit „Zimmer mit Aussicht“ gelungen. E.M. Forsters Buch, selbst schon ein Ereignis, ist in der Filmadaption eine so herzzerreißende Hommage an die Macht der Liebe und eine so unfassbar kitschige Liebeserklärung an das verklärte Italienbild eines längst untergegangenen gehobenen Bürgertums, dass es einem das Herz übergehen lässt. Ich liebe beides, Film und Buch. Kein Jahr vergeht ohne wenigstens einmal „Zimmer mit Aussicht“ anzusehen…

Dass heute massenweise erfolgreiche Romane oder Bühnenstücke verfilmt werden, ist allerdings problematisch. Man traut sich dem ganz subjektiven Eindruck nach  immer weniger, Originalstoffe auf die Leinwand zu bringen. Nun, da in Hollywood Autorinnen und Autoren sowie Schauspielerinnen und Schauspieler streiken, wird es eng mit gut erzählten Geschichten. Die Late Night Shows sind schon seit Monaten verstummt, Kinos und Streamingdienste werden bald folgen. Gute Geschichten sind eben ihren Preis wert und den sollten die Produktionsfirmen auch bezahlen. Ob nun mangels amerikanischer Produktionen der europäische Film in den Kinos in Übersee Auftrieb erhält? Gute Geschichten hat dieser Kontinent massenweise zu bieten, genau wie gute Bücher. Und wenn man einen Meister wie Ivory engagiert, dann werden auch fantastische Filme daraus…

Wenn es dunkel wird, trommle ich wieder die Nachbarn zusammen und veranstalte im Hof einen Kinoabend. Dann strahlt dank Beamer an der Mauer über den Mülltonnen in Überlebensgröße ein Weizenfeld in der Nähe von Florenz eine ganz besondere Wärme bis nach Wien aus und wir heben unser Glas auf den leider kürzlich verstorbenen einzigartigen, wunderbaren, bezaubernden Julian Sands. Danke, Mr. Emerson, für alles!

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My books! „Action!“ Column by Susanne Falk.
There she stands, Lucy Honeychurch, in the cornfield dotted with poppies, kissing George Emerson, while in the background, Kiri Te Kanawa sings her heart out with „Chi bel sogno di Doretta“ (from Puccini’s La Rondine). A more beautiful cinematic kiss is impossible! And never has a book been more beautifully adapted to film than when James Ivory succeeded with „A Room with a View“ by E.M. Forster.

Truly, there are horrendous literary adaptations that still bring tears of shame to my eyes. „The NeverEnding Story“ is one such case: how I loved the book and how passionately I detested its film adaptation, including the ultra-annoying hit single „Never Ending Story“ by Limahl. (Three notes are enough, and I exit the room… Suzie-Poo signing out!) By the way, Michael Ende found the adaptation terrible as well, and rightly so! And then there are the rarer cinematic events where the film surpasses the literary source, like „Casablanca,“ one of my absolute favorite films, based on the moderately successful play „Everybody Comes to Rick’s.“

But it almost never happens that both the novel and the film enchant equally. James Ivory succeeded with „A Room with a View.“ E.M. Forster’s book, already an event in itself, becomes in the film adaptation such a heart-rending homage to the power of love and an unbelievably kitschy declaration of love for the idealized image of Italy from a long-lost bourgeois era that it makes your heart overflow. I love both the film and the book. Not a year goes by without watching „A Room with a View“ at least once…

However, the fact that nowadays masses of successful novels or plays are adapted into films is problematic. The subjective impression is that there’s increasingly less courage to bring original material to the screen. Now, with writers, actors, and actresses on strike in Hollywood, good storytelling is becoming scarce. Late-night shows have been silent for months, and cinemas and streaming services will soon follow suit. Good stories are indeed worth their price, and production companies should pay it. Whether due to the lack of American productions, European cinema might gain momentum overseas? This continent has a wealth of good stories to offer, just like good books. And when a master like Ivory is hired, fantastic films emerge as well…

When darkness falls, I gather the neighbors again and organize a movie night in the courtyard. Then, thanks to a projector on the wall above the trash cans, a wheat field near Florence radiates a very special warmth in life size, all the way to Vienna, and we raise our glasses to the recently departed unique, wonderful, enchanting Julian Sands. Thank you, Mr. Emerson, for everything!

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