Kolumne von Susanne Falk.
Oh, hallo! Schön Sie zu sehen! Auch hier? Sie wussten es vielleicht nicht, aber Sie sind meine Urlaubsbekanntschaft. Denn genau in diesem Moment und nur diesem Moment (!) habe ich Urlaub und Sie sitzen mit mir im Kaffeehaus und verbringen hier den einzigen ruhigen Nachmittag des gesamten Sommers mit mir. Obwohl – eigentlich ist schon fast Herbst.
Wir haben es ja versucht und uns dank Corona eine Hütte in Niederösterreich gemietet, dazu einen Leihwagen, weil wir gar kein Auto besitzen und man dort anders nicht hinkam. Von den geplanten acht Nächten verbrachten wir genau eine dort, dann flüchteten wir aus der grindigen, stinkerten und zudem von lauten Untermietern bewohnten Unterkunft wieder nach Hause. Die Vermieterin hatte dann die Nerven uns zu erklären, Siebenschläfer seien kein Ungeziefer sondern „total süß“ und wir sollen uns mal nicht so haben. Soviel zum Thema „nie wieder Urlaub mit Airbnb“.
Mein Liebster behauptet immer, Urlaub mit Kindern sei kein Urlaub, es sei eine Verlagerung der Kampfzone. Da ist etwas Wahres dran. Nur haben wir diese Zone dann wieder nach Hause verlegt und versucht, von hier aus Ausflüge in die Wiener Umgebung zu machen. Die Betonung liegt auf versucht. Die Kinder hatten selten Lust auf das, was die Erwachsenen gerne machen wollten und umgekehrt.
Dahin gingen meine Urlaubstage und nun ist schon September und ich sitze mit Ihnen im Kaffeehaus, was ja kein schlechter Ort ist, um seine Zeit zu verbringen, aber, sagen wir es ganz ehrlich, wir beide wären in diesem Augenblick sicher lieber am Meer. Ein Sommer ohne Ostsee oder Adria ist kein Sommer. Demzufolge laufe ich schon seit Wochen ausschließlich in geringelten Shirts herum und koche Grütze, wahlweise trinke ich viel Caffè Latte oder esse Spaghetti, schaue „Il Postino“ und denke mich weit weg. Es hilft nichts, das Fernweh bleibt.
In Den Haag gibt es ein Museum das sich Panorama Mesdag nennt. Es zeigt ein Gemälde des Künstlers Hendrik Wilhelm Mesdag, eine 360°-Ansicht des Strands von Scheveningen im Jahr 1881 in den Ausmaßen von 120 mal 14 Metern. Das ganze ist überwältigend, ganz so als stünde man 1881 auf einem Leuchtturm und blickt in Ruhe in die Welt, über einem ein paar kreischende Möwen. Nach kurzer Zeit hat man das Gefühl, in eine echte Landschaft zu schauen. Obwohl das Meer ja quasi um die Ecke liegt, wird einem hier die perfekte Illusion geboten.
Ganz im Ernst – so ein Panorama-Museum braucht Wien viel dringender als Den Haag! Wiens einziger Makel ist bekanntlich, dass es im Binnenland liegt. Was würden die Wiener in Corona-Zeiten nicht alles dafür geben, wenigsten ein paar Minuten der Illusion zu erliegen, dass sie sich am Meer befinden? Was würde ich nicht dafür geben?! Liebe Den Haager, schickt uns doch eine Kopie Eures Panoramas! Bis zum nächsten Sommer dauert es noch so schrecklich lange…Mit sehnsuchtsvollen Grüßen!
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