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Paula Modersohn-Becker: Kunst ohne Kompromiss

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Von Barbara Hoppe.

Im Jahr 2025 feiert die Welt eine Reihe von denkwürdigen Tagen: Runde Geburtstage vom Walzerkönig Johann Strauss und Pierre Boulez in der Musik beispielsweise, in der Malerei von Turner, Tingueley, Rauschenberg und von Paula Modersohn-Becker. Eine Malerin, die mit ihrem Stil der Zeit weit voraus war. Und die einzige Künstlerin, der das weltweit erste Museum ausschließlich für eine Malerin gewidmet wurde: Das Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen, initiiert, entworfen und realisiert vom Kaffee HAG-Kaufmann und Mäzen Ludwig Roselius und vom Bildhauer Bernhard Hoetger. Ersterer ein großer Sammler der Werke von Paula Modersohn-Becker, letzterer ein guter Freund der Künstlerin.

Bilder einer Wegbereiterin

Nun also, zum 150. Geburtstag von Paula Modersohn-Becker, erscheint eine neue Biografie über die Malerin, die Zeit ihres Lebens eine Außenseiterin war – in Bremen, wo sie geboren wurde, in Worpswede, wo sie in der Künstlerkolonie versuchte, heimisch zu werden, in Paris wo sie sich frei fühlte. Ihre kompromisslose Haltung zur Kunst, ihre Selbstzweifel, die schwierige Ehe mit Otto Modersohn und ihr früher Tod nach der Geburt ihrer Tochter: Der Kunsthistoriker Boris von Brauchitsch gelingt mit seinem Buch ein feinfühliges Porträt einer Frau, die ihrer Zeit weit voraus war. Er erzählt Leben und Werk dieser Pionierin des Expressionismus, ordnet sie kunsthistorisch und gesellschaftlich ein, ohne dabei akademisch verschnörkelt zu sein, sondern zugänglich und reflektiert auch jene Leserinnen und Leser erreichend, die sich bislang kaum mit Kunst beschäftigt haben. Gleichzeitig erlaubt er dem erfahrenden Lesepublikum, eine Künstlerin neu zu entdecken, deren Werk in seiner Radikalität und Sensibilität bis heute nachwirkt.

Paula Modersohn-Becker Boris von Brauchitsch
Cover: Insel Verlag

Zwischen Aufbruch und Widerspruch

Er stützt sich auf Tagebücher und Briefe, bleibt dabei aber nie im rein Persönlichen stecken. Vielmehr gelingt ihm das Kunststück, die Biografie in die geistigen und gesellschaftlichen Strömungen ihrer Zeit einzubetten – zwischen Impressionismus und Expressionismus, zwischen Nietzsche und Rilke, zwischen frühem Feminismus und deutschem Nationalismus. So entsteht ein vielschichtiges Bild einer Frau, die sich schwer einordnen ließ.

Ein Vermächtnis von leiser Kraft

Naturgemäß liegt ein großer Schwerpunkt der Biographie auf dem Leben und Wirken Paula Modersohn-Beckers in der Künstlerkolonie Worpswede. Der Ort, der in paradoxer Weise geistige Befreiung und geistige Enge war. Der Ort, an dem sie sich mit anderen Künstlern maß. Die Biographie geizt nicht mit farbigen Abbildungen. So entsteht ein lebendiger Dialog zwischen den Künstlern der Worpsweder Kolonie: wie unterschiedlich Sujets aufgegriffen wurden, wie sich Stile entwickelten und was zur gegenseitigen Inspiration beitrug. Der Vergleich zeigt eindrucksvoll, wie eigenständig Modersohn-Becker war – und wie sehr sie sich von den Konventionen ihrer Umgebung absetzte. Dass sie 1907 nach der Geburt ihres ersten Kindes mit nur 31 Jahren starb, gibt immer wieder auch Anreiz zu Spekulationen: Wie hätte sich ihre Karriere als Malerin entwickelt?

Boris von Brauchitsch jedenfalls entlässt uns nach der Lektüre auf jeden Fall mit dem Gefühl, einer außergewöhnlichen Persönlichkeit begegnet zu sein.

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Boris von BrauchitschPaula Modersohn-Becker
Insel Verlag, Berlin 2025bei amazon
bei Thalia

Was das Buch besonders macht:

  • Feinfühliges Porträt einer unbeugsamen Künstlerin
  • Zeitgeist zwischen Worpswede, Paris und früher Moderne
  • Kunsthistorisch präzise und erzählerisch zugänglich

Paula Modersohn-Becker: Art without compromise

o mark Paula Modersohn-Becker’s 150th birthday, a new biography by Boris von Brauchitsch is published. Born in Bremen, shaped by Worpswede, and creatively liberated in Paris, Modersohn-Becker remained an outsider throughout her life. Her uncompromising style, inner doubts, and complex marriage to Otto Modersohn shaped a woman ahead of her time.

Brauchitsch offers a sensitive portrait, placing her life and work within the artistic and social currents of her era—between Impressionism and Expressionism, Nietzsche and Rilke, early feminism and German nationalism. Drawing on diaries and letters, the biography avoids mere personal narrative and instead opens a broader view of her intellectual context.

A key focus is Worpswede, where Modersohn-Becker engaged with fellow artists. Richly illustrated, the book highlights her radical independence and her break from convention. Her early death at 31, shortly after giving birth, raises the poignant question of what her artistic future might have held. Brauchitsch leaves readers with the impression of having encountered an extraordinary personality.

    1 Gedanke zu „Paula Modersohn-Becker: Kunst ohne Kompromiss“

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