Das Kunsthistorische Museum Wien zeigt Gemälde aus der Serenissima in der Residenz der Salzburger Fürsterzbischöfe. Von Stephan Reimertz.
Auf dem Leopoldskroner Weiher quaken bei Nacht die Enten, dass man meint, eher im als am Weiher zu sein. Wenn man nachts ans offene Fenster tritt, glaubt man in Momenten, schon Winter in der Luft zu spüren. Die große, strahlende Saison der diesjährigen Festspiele, sie blätterte ab im Handumdrehen wie Vergissmeinnicht. Die Besuchermassen dünnen wohltuend aus. Die Öffnungszeiten des Café Bazar schnurren auf nachsaisonale Normalität zurück. Die zurückflutenden Besucher umspülen uns Überbleibsel der eben zu Ende gegangenen Festspiele, Relikte einer abgeräumten Hochkultur. »Da schau her, der Herr Doktor san a no do!«
Wieviel Gemälde, Gedichte und Lieder haben nicht diesen Moment angehalten, bis hin zu Gottfried Benns »Tag, der den Sommer endet…« Freilich, jener verklärte Moment, von dem der größte Dichter Salzburgs schreibt: »Es ist der Liebe milde Zeit«, ist noch nicht erreicht, und so erwarten uns, wenn nicht musikalische, so doch künstlerische und kulinarische Freuden; jene, für die neben festlicher Gehobenheit auch innere Sammlung und stille Besinnung Voraussetzung sind.
Eine Reise durch die venezianische Malerei: Von Veronese bis Tintoretto
Was könnte in der perlweißen Brillanz des Septemberlichtes angemessener sein, als sich in venezianische Gemälde zu vertiefen? In mehreren Räumen der fürsterzbischöflichen Residenz breitet das Kunsthistorische Museum aus Wien seine Schätze aus. Dabei gehört es zu den Stärken des Konzeptes, nicht nur allgemein bekannte Hauptwerke wie die Judith des Veronese oder die Riva degli Schiavoni des Canaletto, Tizians Venus und Amor oder die Geißelung Christi des Tintoretto aufzufahren, sondern auch anonyme Werke wie eine entzückende Szene von Vater und Tochter aus der Zeit um 1550, einen reuigen Petrus des Domenico Fetti, etwa 1613, oder einen nachgerade intellektuellen Johannes d. Täufer des Bernardo Strozzi, ca. 1643/44. Das sprichwörtliche Kolorismus der Lagunenstadt geht mit starker gestischer Kraft eine geradezu opernhafte Gesamtwirkung ein. Noch Mitte des achtzehnten Jahrhunderts zittert solche Energie in einer Szene nach, in der Francesco Guardi das Wunder eines Dominikanerheiligen mit unheimlicher Wirkung schildert, die schon an Alessandro Magnasco gemahnt.
So vollzieht die Ausstellung eine formale Entwicklung nach, die in den Fundamenten der Renaissance mit allegorischen Darstellungen begann und sich zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts in Stimmungen und Ahnungen verflüchtigt.
Die Farben der Serenissima. Venezianische Meisterwerke von Tizian bis Canaletto
Ausstellung bis zum 6. Januar 2025
Residenzgalerie
DomQuartier Salzburg GmbH
Residenzplatz 1
5020 Salzburg
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Serenissima painting in Salzburg’s prince archbishop’s residence
At night, the ducks on the Leopoldskroner Weiher quack so loudly that one feels as though they are in the pond rather than beside it. When you step to the open window at night, you can almost sense the coming of winter in the air. The grand, radiant season of this year’s Salzburg Festival has faded away in no time, like forget-me-nots. The crowds of visitors pleasantly thin out. The opening hours of Café Bazar shrink back to their off-season normality. The returning visitors wash around us, remnants of the recently concluded festival, relics of a dismantled high culture. „Look at that, Dr. So-and-so is still here!“
How many paintings, poems, and songs have captured this very moment, all the way up to Gottfried Benn’s Day that Ends the Summer… Certainly, the cherished moment written about by Salzburg’s greatest poet: It is the gentle time of love, has not yet arrived. So we can still look forward to artistic and culinary delights, if not musical ones—those that, besides festive elegance, also require inner contemplation and quiet reflection.
A journey through Venetian painting: from Veronese to Tintoretto
What could be more fitting in the pearl-white brilliance of the September light than to immerse oneself in Venetian paintings? In several rooms of the archbishop’s residence, the Kunsthistorisches Museum of Vienna unfolds its treasures. One of the strengths of the concept lies not only in presenting well-known masterpieces such as Veronese’s Judith or Canaletto’s Riva degli Schiavoni, Titian’s Venus and Amor or Tintoretto’s Christ at the Column, but also in lesser-known works, such as a charming scene of a father and daughter from around 1550, a penitent St. Peter by Domenico Fetti, circa 1613, or an almost intellectual St. John the Baptist by Bernardo Strozzi, circa 1643/44. The proverbial colorism of the lagoon city combines with strong gestural power to create an almost operatic overall effect. Even in the mid-eighteenth century, such energy reverberates in a scene where Francesco Guardi depicts the miracle of a Dominican saint with an eerie effect, reminiscent of Alessandro Magnasco.
The exhibition traces a formal development that began with allegorical depictions in the foundations of the Renaissance and dissipated into moods and premonitions by the end of the eighteenth century.
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