Rezension von Birgit Koß.
Nana Oforiatta Ayim ist in Düsseldorf geboren und aufgewachsen. Sie ist die Enkelin des Königs der ghanaischen Region Akyem Abuakwa. Nach ihrem Studium der afrikanischen Kunstgeschichte hat sie für die UN in New York gearbeitet. Inzwischen lebt sie in Accra, der Hauptstadt Ghanas und ist weltweit als Kunstvermittlerin, Kuratorin und Filmemacherin tätig. 2019 verantwortete sie den ersten ghanaischen Pavillon auf der Biennale von Venedig. Mit „Wir Gotteskinder“ legt sie ihren Debütroman vor, der autobiographische Züge trägt.
Die Ich-Erzählerin Maya Mensah wächst gegen Ende des letzten Jahrhunderts in Deutschland auf. Ihre Eltern sind – wie viele ghanaische Intellektuelle – auf Wunsch ihres Präsidenten nach Europa gegangen, um dort zu studieren und dann später das eigene Land aufzubauen. Mayas Vater, ein ruhiger Mann, ist Arzt, während seine exaltierte Ehefrau Geschichten über den einst unermesslichen Reichtum ihrer königlichen Familie erzählt und sich immer wieder zu ausgiebigen Shoppingtouren hinreißen lässt. Maja wird in ihrer Schulklasse ausgelacht, wenn sie von ihrer königlichen Abstammung spricht. Immer wieder macht sie die Erfahrung, eine Außenseiterin zu sein, über deren gute Deutschkenntnisse alle verwundert sind. Eines Tages kommt Kojo in die Familie, ein Cousin von Maya. Er erzählt atemberaubende Geschichten aus Ghana und ist für sie fast so exzentrisch wie ihre Mutter. Mayas Vater kann mit diesem Verhalten nicht umgehen und verlässt die Familie.
Daraufhin zieht Mayas Mutter zunächst mit den beiden Kindern nach England. Doch auch hier bleiben sie Außenseiter. Maya flüchtet sich immer wieder in die Welt der Literatur. Schließlich kehrt Mayas Mutter nach Ghana zurück, die beiden Kinder kommen auf deutsche Internate. Doch Kojo eckt auch hier an und kehrt ebenfalls in seine Heimat zurück. Durch ihren Cousin interessiert sich Maya immer mehr für die Geschichte Ghanas und die zahlreichen Artefakte, die früher ihrer Familie gehörten und nun unauffindbar oder teilweise in europäischen Museen ausgestellt sind. Schließlich reist auch sie nach Ghana und wird dort von der Hochachtung und Wertschätzung, die ihr als Mitglied einer königlichen Familie entgegengebracht wird, überwältigt.
Nana Oforiatta Ayim springt in ihrem Roman durch Zeiten und von Ort zu Ort. Nahezu lyrisch zeichnet sie das Bild eines Mädchens, das auf der Suche nach Zugehörigkeit ist und dabei immer wieder feststellen muss, dass es anders ist als die anderen. Mayas Zeit in Ghana nutzt die Autorin, um den Lesern tiefe Einblicke in traditionelle Herrschaftsstrukturen und Spiritualität zu geben, die für die Protagonistin oft ebenso fremd sind wie für die Leserschaft. Mit diesem Kniff schafft Nana Oforiatta Ayim den Zugang zu dieser ansonsten so verschlossenen Welt. Daneben ist ihr Debüt ein klassischer Entwicklungsroman gepaart mit den oft schmerzhaften Erfahrungen des Exils oder, je nach Standort, eine fesselnde Einwanderungserzählung.
Demnächst besteht die Chance die Autorin persönlich kennenzulernen:
Kunstmuseum Bochum 21.9.2021
Lehmbruck Museum Duisburg am 22.9.2021
Literaturhaus Dortmund am 23.9. 2021
Kunsthalle Recklinghausen am 24.9.2021
Literaturhaus Oberhausen am 25.9.2021
Conti-Foyer Hannover am 27.9.2021
Weitere Infos zu den Lesungen: hier
https://www.penguinrandomhouse.de/Termine/71680.rhd
Nana Oforiatta Ayim
Wir Gotteskinder
Penguin Books / Random House, München 2021
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