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Wann ist ein Leben erzählenswert? Michael Chabon versucht es mit „Moonglow“

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Eine Rezension von Barbara Hoppe

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Kreis von Freunden und einer, ein Amerikaner, beginnt plötzlich, von seinem Großvater zu erzählen. Nicht nur eine Anekdote, sondern ganz viel aus einem langen Leben. Er schildert, wie sich sein Opa im Krieg geschlagen hat, seinen Job verlor, wie er Oma kennenlernte, wie sie Sex miteinander hatten. Der Freund schweift hierhin und dorthin, berichtet vom Hobby des Großvaters (er war Ingenieur und liebte die Raumfahrt), von Schelmereien, die viel Ärger machten und von der Großmama, die als Jüdin und Französin in den USA eine neue Heimat fand, aber irgendwie auch verrückt war. Finden Sie das alles interessant? Das Leben des Großvaters eines Freundes, der meint, dass dieses Leben unglaublich war, ein Abenteuer und auf jeden Fall total unkonventionell?

Gut gemeint

Michael Chabon, Pulitzer-Preisträger aus Washington, war dieser Meinung. Die Erinnerungen eines Onkels mütterlicherseits sind sein Reservoir, aus dem er in seinem jüngsten Roman „Moonglow“ schöpft, die in ihm den Funken entfachten, fast 500 Seiten Lebensgeschichte seines Helden, eines fiktiven Großvaters, aufzuschreiben, dessen Lebensgeschichte angedockt ist an ein paar mehr oder weniger einschneidende Ereignisse der jungen amerikanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Seine Hauptthemen beschränken sich dabei auf den Zweiten Weltkrieg, die Entwicklung der Raumfahrt und die Großmama. Chabon spickt seine Anekdoten mit vielen Details, kuriosen Einfällen und schrägen Episoden, immer unterbrochen von der Gegenwart, in der der Enkel (der fiktive Michael Chabon) am Bett seines sterbenden Opas sitzt und den Erzählungen lauscht. Sogar an erklärende Fußnoten denkt er und suggeriert damit eine literarische Recherche in dieser fiktiven Biographie.

Michael Chabon (nun wieder der Autor) meint es gut, zu gut. In seinem Ideenreichtum schießt er mitunter über das Ziel hinaus, verliert sich in Kleinigkeiten eines Lebens, das für uns Außenstehende viel weniger aufregend ist als für den, der es erlebte oder für dessen Enkelsohn. Dabei springt Chabon munter zwischen den Jahrzehnten hin und her. Was eine Chronik sein könnte, sind letztendlich doch nur die Erlebnisse eines alten Mannes, in denen die kurze Episode über Wernher von Braun ein bisschen Glanz versprüht. Erinnerungen, die letztendlich auf einem Friedhof in Philadelphia begraben werden.

Michael Chabon
Moonglow
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018
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Ein Gedanke zu „Wann ist ein Leben erzählenswert? Michael Chabon versucht es mit „Moonglow““

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