Rezension von Barbara Hoppe
Man mag ihn nicht wirklich, diesen Kommissar Lanner, der Dank eines grandios gelösten Mordfalls aus dem niedersächsischen Cloppenburg direkt in die Mordkommission nach Berlin versetzt wird. Dort wird er, der Ehrgeizige, zurechtgestutzt: die Großstadt, die Berliner Schnauze und das rumplige Verhalten seiner neuen Kollegen dampfen ihn immer wieder auf das ein, was er eigentlich ist: ein ehrgeiziger Provinzler, der verzweifelt versucht, in der Hauptstadt zu punkten und den Respekt seiner Kollegen zu erhalten – und doch regelmäßig alles falsch macht, weil er die Stadt mit ihren eigenen, auch zwischenmenschlichen Gesetzen, nicht versteht. Wie eine Parodie des „Jetzt-zeig‘- ich-es-ihnen –aber-mal“ – Einzelgängers kommt er daher und scheitert immer wieder, namentlich an Manfred Kolbe von der Spurensicherung, ein kleiner „Ick-bin-een-Berliner“ – Verschnitt nach dem Motto „Du kannst mir gar nix, du Dorfscheriff, du.“
Und dann sind da diese Mordfälle. Leiche Nummer eins liegt schon seit einem halben Jahr im Hof hinter dem Mietshaus verbuddelt und wird zufällig von zwei Kammerjägern gefunden. Die kämpfen nämlich gerade gegen eine aufkommende Rattenplage in der Stadt, denn – und jetzt kommt Leiche Nummer zwei: Seit Erwin Machallik tot ist, wird Berlin von Ratten förmlich überschwemmt. Der alte Machallik war der Platzhirsch unter den Kammerjägern. Gestorben ist er an dem eigens von ihm entwickelten Rattengift, das den Tierchen einen sanften Tod beschert, als wären sie auf einem halluzinogenen Trip. Doch dieser Tote darf kein Mordfall sein. Das sieht Lanner natürlich ganz anders.
Und schon steckt er mittendrin, in den kriminellen Machenschaften und Klüngeleien einer maroden Hauptstadt und in den Weiten eines verwirrenden Brandenburgs.
Feuilletonscout meint: „Der König von Berlin“ ist ein ganz prima Krimi. Es gibt mysteriöse Morde, einen Hauch von Berlin Mafia und einen verträglichen Ekelfaktor. Bei jedem, der schon einmal in einer U-Bahn saß (vielleicht sogar direkt in der U2, Station Stadtmitte) oder an einem beliebten Platz für Einheimische und Touristen, um den lauen Sommerabend zu genießen (manch einer vielleicht auch schon am Hackeschen Markt), wird nach dem Überfall der Ratten ein leichtes Unbehagen zurückbehalten. Und Horst Evers wäre nicht Horst Evers, wenn er seinem Krimi nicht genau das Maß pointierter Spitzzüngigkeit zumuten würde, die aufs Höchste amüsiert. Großartige Berliner Krimikost, die auch Nicht-Berlinern gefallen wird – sie lachen dann wahrscheinlich nur an anderen Stellen.
Horst Evers: Der König von Berlin mit Blick ins Buch
Horst Evers
Der König von Berlin
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2014
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