Von Kirsten Niemann
Das Kleid hochgeschlossen, die Haare wuschelig, der Blick skeptisch auf den Betrachter gerichtet. So malte sich 1926 Jeanne Mammen (1890–1976) auf einem ihrer seltenen Selbstporträts. „Meine Bilder sind mein Lebenslauf“, hat sie gesagt. Tatsächlich haben wir kaum andere Quellen. Interviews gab sie selten, weder Tagebücher noch Briefe sind erhalten. Nun zeigt die Berlinische Galerie Arbeiten aus 60 Jahren ihres langen Künstlerlebens. Bekannt ist Mammen für ihre Zeichnungen und Aquarelle aus den 1920er-Jahren.
Immer wiederkehrendes Thema: die großstädtische, feierlustige Frau: Bubikopf, Hosenanzug, die Kippe lässig im Mundwinkel. 1933 war Schluss mit lustig – und das Ende ihrer realistischen Periode, wie Mammen sagte. Sie wanderte nicht aus wie viele ihrer Künstlerkollegen. Stattdessen ging sie in die Innere Emigration, malte bis 1945 heimlich und pflegte einen aggressiveren, bewusst „entarteten“ Malstil, beeinflusst von Picasso, Max Ernst und Paul Klee. Nach dem Krieg arbeitete sie abstrakt, experimentierte weiter mit dem Kubismus. Am Ende ihres Lebens wurden die Farben wieder heller, Mammen fand zur Leichtigkeit zurück. Und hier liegt der Verdienst der Schau: zu zeigen, dass sich ihr Werk nicht auf die 1920er-Jahre beschränken lässt. Auch wenn diese frühen Arbeiten ihren ganz besonderen Charme versprühen.
Jeanne Mammen. Die Beobachterin
Retrospektive 1910-1975
Ausstellung bis zum 15. Januar 2018
Berlinische Galerie
Alte Jakobstr.124-126,
10969 Berlin
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Montag: 10 BIS 18 Uhr
10 –-Euro/ 7 Euro
1. Montag/ Monat 6 €, bis 18 J. frei
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