Martin Suters Kunstgriff, seine wohl kultiviertesten Protagonisten gemeinsam auftreten zu lassen, ist ein sprachlich-eleganter Hochgenuss, der zudem äußerst kurzweilig ist. Von Barbara Hoppe.
Während der eine reich und elegant ist, ist der andere zwar elegant, aber nicht reich, auch wenn er so tut. Während der eine in seiner großen Wohnung mitten in Zürich zwischen Kunstschätzen lebt, haust der andere im Gärtnerhäuschen einer stattlichen Villa, die einst seine war, nun aber einem Treuhandunternehmen gehört. Und während Adrian Weynfeldt den Diebstahl eines echten oder gefälschten Picasso – so genau weiß das niemand – beklagt, hat sich der andere in einem mit Möbeln viel zu vollgestopften Raum im kleinen Häuschen leidlich eingerichtet. Diskret und unerkannt, für die Zürcher High Society indes immer noch der wohlhabende Johann Friedrich von Allmen.
Und wenn diese beiden Männer im neuesten Roman von Martin Suter aufeinandertreffen, entspinnt sich die hohe Kunst des Schein und Sein. Adrian Weynfeldt, der feingeistige, unendlich reiche, etwas einsame Kunstsammler und Allmen, der ebenso feingeistige und einsame, aber mittellose Kunstdetektiv, der ohne seinen treuen Diener Carlos nicht lange überleben würde, überbieten sich im diskreten Charme derjenigen, die es nicht nötig haben, über Geld zu sprechen.
In einer Cocktailbar kommen die beiden ins Gespräch und schon bald ins Geschäft. Denn einen wie auch immer gearteten Picasso wiederzufinden gehört zu Allmens Geschäft, seit er mit Carlos Allmen International Inquiries gegründet und bereits so manchen Erfolg vorzuweisen hat. Schnell wird klar, dass jemand aus Weynfeldts Umfeld etwas mit dem Verschwinden des Bildes zu tun haben muss. Als aber plötzlich die erste Tote in dem Fall auftaucht, wird aus dem Fall mit Diebstahl plötzlich ein Auftrag, in dem auch ein Mord zu klären ist. Ein Umstand, der für den Leser weniger spannend ist als die Stilsicherheit von Allmen und Weynfeldt amüsant, jedem Menschen und jeder Widrigkeit mit größter Haltung gegenüberzutreten.
Martin Suter
Allmen und Herr Weynfeldt
Diogenes Verlag, Zürich 2024
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The Art of Appearance and Reality: Martin Suter’s latest novel „Allmen and Mr. Weynfeldt“
Martin Suter’s clever trick of bringing together his most cultivated protagonists is a linguistically elegant delight that is also extremely entertaining. By Barbara Hoppe.
While one is rich and elegant, the other is elegant but not rich, even though he pretends to be. While one lives in his large apartment amidst art treasures in the heart of Zurich, the other resides in the gardener’s cottage of a stately villa, once his own, but now belonging to a trust company. And while Adrian Weynfeldt bemoans the theft of a real or fake Picasso – no one knows for sure – the other has managed to make himself moderately comfortable in a small, furniture-stuffed room in the little cottage. Discreet and unrecognized, yet still considered wealthy by Zurich’s high society, Johann Friedrich von Allmen.
And when these two men meet in Martin Suter’s latest novel, the art of appearance and reality unfolds. Adrian Weynfeldt, the refined, infinitely rich, somewhat lonely art collector, and Allmen, the equally refined and lonely but penniless art detective, who wouldn’t survive long without his faithful servant Carlos, vie with each other in the discreet charm of those who have no need to talk about money.
The two strike up a conversation in a cocktail bar and soon find themselves in business. Because finding a Picasso of any kind is Allmen’s business, ever since he founded Allmen International Inquiries with Carlos and has already achieved many successes. It quickly becomes clear that someone from Weynfeldt’s circle must have something to do with the painting’s disappearance. But when the first dead body appears in the case, a theft suddenly becomes a commission involving solving a murder as well. A circumstance that is less exciting for the reader than the amusing certainty with which Allmen and Weynfeldt face every person and adversity.
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