Von Barbara Hoppe.
Wenn die Tage im Herbst besonders golden sind, aber doch wieder kürzer, empfiehlt es sich, mit geeigneter Lektüre dafür zu sorgen, das eine mit dem anderen zu verbinden und beides in vollen Zügen zu genießen. „Gommer Herbst“ ist so ein Buch, das sich dieser Tage für höchsten Lesegenuss anbietet.
Es ist der dritte Krimi von Kaspar Wolfensberger rund um Alois Walpen, dem Züricher Kommissar, der im nordöstlichen Wallis, genauer Goms, seine zweite Heimat gefunden hat. Und er strotzt vor schönsten Herbstfarben, Sonne und blauem Himmel, Wanderlust und natürlich der Jagdsaison. Wobei wir schon mitten drin sind im Geschehen. Seit dem „Mordsjahr“ im „Gommer Sommer“ und dem „Gommer Winter“ ist einige Zeit vergangen. Alois Walpen, genannt Kauz, hat nach einem kommissarischen Zwischenspiel in Goms Zürich schlussendlich auch privat den Rücken gekehrt und sich in seinem geliebten Speicher zur Ruhe gesetzt. Sein letzter offizieller Fall verlief äußerst unbefriedigend. Eine junge Frau fand damals den Tod, ob es Selbstmord oder Mord war blieb offen. Als aber im September das Jagdfieber ausbricht und es mit einem Schlag zwei Tote gibt, hängen die Schatten der Vergangenheit ganz plötzlich über der beschaulichen Herbstlandschaft.
Zur selben Zeit soll Kauz, der von Zeit zu Zeit als Privatermittler arbeitet, den Neffen der angesehenen und wohlhabenden Madame de Steinhaus vor einem möglichen Attentat beschützten. Daneben spaltet der in die Wälder zurückgekehrte Wolf die Gommer Gemeinden in pro und kontra. In diesem Wirrwarr der hochkochenden Emotionen stehen Ria Ritz vom Polizeiposten in Fiesch, ihr Mann, ein IT-Spezialist, und der Kette rauchende Kommissar Alain Gsponer aus Brig vor der Herausforderung, bei der Aufklärung der Morde mit Kauz wie gewohnt kameradschaftlich zusammenzuarbeiten und gleichzeitig den Oberstaatsanwalt bei Laune zu halten, der Kauz nicht leiden kann.
Dass das Ganze weder in ein betuliches Alpenlarifari, noch in einen der vielen seichten Lokalkrimis mündet, ist ein großer Verdienst von Kaspar Wolfensberger. Ihm gelingt es erneut, einen spannenden Krimi zu entwerfen und auch seinen Figuren genug Raum zu geben, sich im Laufe der Zeit entwickelt zu haben. Hat man die ersten beiden Bände gelesen, freut man sich auf alte und älter gewordene Bekannte, kennt man die ersten beiden Krimis nicht, findet man sich trotzdem bestens zurecht. Die gelungene Mischung aus äußerst plausibler Krimierzählung gepaart mit sympathischer Personnage und Lokalkolorit sowie einem nicht zu verachtenden Maß an Spannung ist ein seltener Glücksfall in der deutschsprachigen Kriminalliteratur.
Kaspar Wolfensberger
Gommer Herbst
Kampa Verlag, Zürich 2021
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