Kolumne von Susanne Falk.
Oh nein, die schon wieder? Hatten wir die nicht schon mal? Cover, Titel, Autor – kommen mir verdammt bekannt vor… Natürlich, die haben wir schon mal gelesen! Trotzdem erinnere ich mich kein bisschen mehr an den Inhalt. Wiedergänger in Buchform sind die Untoten der Literatur.
Das große und das kleine Kind haben Bücher aus der Schule mitbekommen, die wir schon kennen. Das große Kind muss sich noch einmal mit den „Nibelungen“ vom Köhlmeier auseinandersetzen, das kleine Kind liest einen Klassiker der Kinderliteratur, den wir schon vor Jahren in den offenen Bücherschrank gestellt hatten: „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ von Andreas Steinhöfel. Puh. Ich weiß ja, dass alles im Leben angeblich noch einmal wiederkommt, aber ausgerechnet diese beiden Bücher? Die „Nibelungen“ befand das große Kind schon beim ersten Mal lesen für mäßig spannend und das Kinderbuch war auch nicht zum Hit im Hause Falk avanciert. Und nun müssen sie alles noch einmal lesen? Die Langeweile ist vorprogrammiert.
Viele Dinge im Leben, von denen wir dies nicht gedacht hätten, kommen noch einmal zu uns zurück oder geschehen ein zweites Mal. Selten handelt es sich dabei um etwas Schönes, so wie zweimal einen Zehneuroschein im Park zu finden (dabei schaue ich beim Spazierengehen immer wieder an der besagten Stelle vorbei…). Es sind eher Dinge wie „zum zweiten Mal an diesem Tag gegen die Türklinke rennen“. Doppelt so blauer Fleck am Arm.
Bücher kommen manchmal auch zurück, etwa solche, die man als Kind schon gelesen hatte und nun den eigenen Kindern vorliest. Das sind die Guten! Schlimmer sind die, bei deren Lektüre ich mich schon zu Schulzeiten brutal gelangweilt habe und nun langweilen sich eben meine Kinder mit ihnen. Wobei meinen Kindern heute Bücher wie „Rolltreppe abwärts“ von Hans-Georg Noack oder „Frag mal Alice“ hoffentlich erspart bleiben. Überhaupt mussten wir damals eine Menge Bücher über Macht- und Drogenmissbrauch lesen. Das schien in den 1990ern das vornehmliche Anliegen der Schulbehörde zu sein. Das und Berthold Brecht. In meinem Kopf haben sich dann Brecht (den ich bis heute nicht leiden kann) mit Büchern über Kinder im Drogensumpf (die ich befremdlich fand) irgendwie vermischt. Der Name Brecht schmeckt für mich immer noch nach Bitterrezeptoren.
Doch: what goes around, comes around. Manchmal braucht es dazu nur sechzehn Jahre. So lange ist es nämlich her, dass ich mich mit Hans Habe beschäftigt habe. Aber der ist nun zurück in meinem Leben und das hat ausnahmsweise mal einen guten Grund.
Ich schulde Ihnen ja noch eine Erklärung vom letzten Mal, als ich von einer positiven Überraschung erzählen wollte, aber noch nicht durfte. Diese ist nun offiziell und ich darf voller Freude berichten, dass mich gänzlich unerwartet doch noch Ruhm und Reichtum ereilt haben. Wer hätte das gedacht?! Im August erhielt ich überraschend die Nachricht, dass ich das Molden-Sachbuchstipendium für biografische Literatur gewonnen hatte. Wie gesagt, die Freude war groß, die Erleichterung, dass nun doch etwas im Autorinnenleben weitergeht, war noch größer und so rannen hier ein paar Freudentränen und da noch einige der Erleichterung dazu.
Und nun sitzen wir drei da: Das große Kind mit dem Köhlmeierbuch in der Hand, das Kleine mit „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ und ich ziehe einen der zig Habe-Bände aus meinem Bücherschrank und fange an zu lesen. So langsam kommt sie zurück, die Erinnerung. Und dank eines Stipendiums schmeckt die zum Glück ziemlich süß!
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MyBooks! “Revenants” . Column by Susanne Falk
Oh no, not them again? Didn’t we already have these? Cover, title, author—they look awfully familiar… Of course, we’ve read them before! Yet, I don’t remember a single thing about the content. Books that come back to haunt us are the undead of literature.
The big and the little child have brought home books from school that we already know. The big one has to tackle “The Nibelungen” by Köhlmeier again, while the little one is reading a classic of children’s literature that we put in the open bookshelf years ago: “Rico, Oskar, and the Deeper Shadows” by Andreas Steinhöfel. Phew. I know everything in life supposedly comes around again, but these two books in particular? The big one didn’t find “The Nibelungen” particularly exciting the first time, and the children’s book never became a hit in the Falk household. And now they have to read them again? Boredom is inevitable.
Many things in life, which we wouldn’t expect, come back to us or happen a second time. It’s rarely something nice, like finding a ten-euro bill in the park twice (I keep checking the same spot during my walks…). It’s more like running into the door handle for the second time in a day. Twice the bruise on the arm.
Books sometimes come back too, like the ones you read as a child and now read to your own children. Those are the good ones! Worse are the ones that bored me to death in school, and now my children have to suffer through them. Thankfully, they’ve been spared books like Hans-Georg Noack’s “Rolltreppe abwärts” or “Go Ask Alice” so far. Back in the 1990s, it seemed the school authorities were obsessed with books about abuse of power and drugs. That, and Berthold Brecht. In my mind, Brecht (whom I still can’t stand) got mixed up with those drug-ridden kids’ books (which I found disturbing). The name Brecht still leaves a bitter taste in my mouth.
But: what goes around, comes around. Sometimes it takes just sixteen years. That’s how long it’s been since I last dealt with Hans Habe. But he’s back in my life, and for once, it’s for a good reason.
I owe you an explanation from last time when I mentioned a positive surprise but couldn’t say more yet. It’s now official, and I’m thrilled to announce that I have unexpectedly been graced with fame and fortune after all. Who would have thought?! In August, I was surprised to learn that I had won the Molden Nonfiction Grant for Biographical Literature. As I said, the joy was immense, and the relief that my writing career would indeed go on was even greater, bringing tears of joy and easement alike.
So here we are, the three of us: the big one with the Köhlmeier book in hand, the little one with “Rico, Oskar, and the Deeper Shadows”, and I pull one of the countless Habe volumes from my bookshelf and start reading. Slowly but surely, the memories return. And thanks to a grant, this time they taste rather sweet!