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Menschen im Museum: „Scherz beiseite“

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Menschen im Museum. Kolumne von Susanne Falk

Kolumne von Susanne Falk.

Es beunruhigt mich sehr. Der Welt geht langsam, aber sicher der Humor abhanden. Klimakatastrophe? Grauenvoll. Corona-Virus? Entsetzlich. Trump? HändeüberdemKopfzusammenschlagstöhnseufzdoppelterWhiskey. Alles zu viel, zu groß, zu wenig kontrollierbar. Aber wenn wir aufhören, uns über Dinge lustig zu machen, dann haben wir versagt.

Lachen nimmt jedem Drama die Spitze. Es befreit uns von unseren Ängsten, denn natürlich gilt die alte Weisheit auch für alles, was uns heute Sorgen und Kummer bereitet: Man kann nicht gleichzeitig vor etwas Angst haben und darüber lachen. Einer der Gründe, warum das Kabarett derzeit eine Hochphase erlebt. Sonst hält man den ganzen Wahnsinn ja nicht mehr aus. Nur – was tun, wenn Political Correctness uns den Humor abgewöhnt?

Humor bricht Tabus, mit Hingabe. Wir machen uns über die Obrigkeit lustig, über uns selbst und natürlich gilt: wurscht, ob wir unsere Texte mit Binnen-I gendern oder mit * – in 100 Jahren sind wir alle tot. Das relativiert Vieles. Aber leider nicht alles. Denn obwohl wir alle reichlich sterblich sind, halten wir uns mit Nebenschauplätzen auf, statt an die wirklich schlimmen Dinge zu rühren. Die machen uns nämlich Angst. Wir diskutieren wie blöde über Plastikstrohhalme und Bioessen in Kindergärten, weil wir uns in Wahrheit in die Hosen machen vor steigenden Meeren und fürchterlichen Unwettern mit tausenden Toten. Also verbeißen wir uns in die wenigen Aspekte, die wir als Einzelpersonen kontrollieren können. Das hilft aber nicht gegen das große Ungeheuer, das über unser aller Köpfe kreist. Also schießen wir mit Fitschipfeilen des Humors auf Veganer (was diese oft nicht gut wegstecken). Dabei bräuchte es schon eine satirische Mittelstreckenrakete, um der Angst vor dem Klimawandel beizukommen.

Ein Beruf, der derzeit vom Aussterben bedroht ist, ist der des Karikaturisten. Die New York Times beispielsweise hat letztes Jahr die Veröffentlichung von Karikaturen eingestellt. Das ist, gelinde gesagt, feige. Natürlich gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, was Satire darf. Nur arbeitet schon ein halber Berufstand mit Schere im Kopf, da braucht es nicht noch eine hasenfüßige Redaktion, die erst (zugegeben unangemessene) Karikaturen veröffentlicht und hinterher aufgrund der Proteste ihre Leute der Meute zum Fraß vorwirft. Dasselbe gilt für den WDR. Wozu hat man denn einen Intendanten oder einen Chefredakteur, wenn nicht dazu, sich vor die eigenen Leute zu stellen? Was ist Satire wert, die nicht mehr gezeigt werden darf, weil sie irgendjemandes Gefühle verletzen könnte? Genau das ist doch Satire: Sie trifft da, wo es weh tut. Und manchmal schießt sie über das Ziel hinaus respektive nietet es einfach um. So what?!

Wer sich dennoch seinen Humor bewahrt hat, der besuche das Karikaturmuseum in Krems. Hier darf sich zumindest Österreich in sein Deix’sches Antlitz schauen. Das ist oft nicht schön, manchmal nicht einmal komisch, aber ungemein befreiend.

Karikaturmuseum
Steiner Landstraße 3
3500 Krems an der Donau
Österreich

Öffnungszeiten:
täglich von 10 bis 17 Uhr

Erwachsene 10 Euro / Kinder 3,50 Euro

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