Kolumne von Susanne Falk.
Die spinnen, die Gallier. Die Römer natürlich auch, aber in diesem Fall sind es tatsächlich einmal die Gallier, die mir den entsetzlichsten Ohrwurm des Jahres beschert haben: „You Spin Me Round“ von Dead or Alive, dem sehr eingängigen 1980er Hit mit dem offiziell grottigsten Musikvideo einer ganzen Epoche.
Bei uns daheim lief bis vor kurzem in Dauerschleife „Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks“. Der Film ist großartig, wenn er auch nicht ganz an seinen Vorgänger („Asterix im Land der Götter“) heranreicht. Nach der Eingangsszene, in der Miraculix vom Baum fällt, sehen wir den gallischen Dorfbewohnern und Römern bei ihrer Morgenroutine zu, untermalt vom Sound des eingangs erwähnten „You Spin Me Round“. Dieser Song hat sich im Kopf meiner Kinder festgesetzt wie Kaugummi in den Haaren und seit nunmehr drei Wochen dudelt auch in meinem Kopf nichts anderes als das. Kein Wunder, denn aus dem Mund meines Jüngsten kommt nichts anderes als ebendieses Lied, das er, dank mangelnder Englischkenntnisse, eher lautmalerisch wiedergibt.
Gegen Ohrwürmer hilft, wie ich kürzlich einem Interview mit Stephen Colbert und John Oliver entnehmen durfte, ein kurzer Jingle, der zu kurz ist, um sich im Kopf in Dauerschleife festzusetzen. John Olivers Vorschlag, einfach „Ricola“ zu rufen, klingt zwar albern, ist aber effektiv. Doch was nützt es, wenn zwei Minuten später das Kind neben einem steht und wieder anfängt zu singen? Und ja, ich hab mein Kind schon Ricola schreien lassen. Danke der Nachfrage, mein Kopf brummt immer noch.
Da bleibt also nur, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, sprich Musik mit Musik. Und in der offiziellen Hauptstadt der Musik, sprich Wien, findet sich ganz sicher ein Heilungsmittel für meine geplagten Nerven, etwa im Haus der Musik. Hier kann der Besucher auf vier Etagen den Geist entspannen und sich dem hingeben, was das angeblich Beste der 1980er aus dem Hirn pustet: Mozart und noch mehr Mozart, ein wenig Beethoven und dann noch etwas Joseph Haydn on top.
Es beginnt schon im Treppenhaus, das man in eine Klaviatur umgemodelt hat und zieht sich von Station zu Station weiter. Sei es, dass man sich seinen eigenen Walzer erwürfelt, so wie Mozart es etwa getan hat oder man in einem Konzertsaal Platz nimmt, der Naturklänge mit Bildern verbindet. Überall wird gezupft (Riesenklavier), gehorcht und geklatscht. Dazwischen erfahren wir allerlei Biografisches über die großen Musikgenies Wiens und am Ende empfangen wir die höheren Weihen, indem wir die Wiener Philharmoniker in einem eigens gedrehten Video dirigieren dürfen. Nur nicht allzu schwungvoll, sonst stehen die werten Herren auf und fangen an, sich lautstark zu beschweren – ein Highlight für alle Besucher, sich einmal so richtig tief auf Wienerisch anraunzen zu lassen von den Männern, die sonst Götterstatus in dieser Stadt genießen.
Tot oder lebendig, am Ende bleibt immer die Musik. Und natürlich ist es auch ein Zeichen von Qualität, wenn rund 230 Jahre nach seinem Tode immer noch überall Mozarts Musik erklingt. Pete Burns ist übrigens auch schon tot, wenn auch erst seit 2016. Aber auch seine Musik lebt weiter, zumindest im Kopf meiner Kinder. Denn da dreht sie sich herum und herum und herum…
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