Romy Campe ist freischaffende Künstlerin. Ihr Unternehmen KUNSTLEBEN BERLIN ist seit zehn Jahren eine Institution in der Berlin Kunstszene. Nun sind die Bilder der Künstlerin erstmals in einer Soloshow zu sehen. Barbara Hoppe sprach mit Romy Campe über ihre aktuelle Arbeit.
Feuilletonscout: Romy, am 28. November beginnt deine erste Berliner Einzelausstellung BEYOND NOW bei Köppe Contemporary. Bist du vor dieser Premiere nervös?
Romy Campe: Nervös eigentlich nicht. Aber sehr gedankenvoll. Dies ist meine erste Galerie-Soloshow in meiner Heimatstadt Berlin und damit ein großer Schritt für mich. Ich denke gerade viel über den Weg hierher nach und über die Zukunft. Bin aber auch im JETZT und freue mich über diese Chance. Ich bin sehr auf die Reaktion der Besucher gespannt und ob ich die Erwartungen erfüllen kann.
Feuilletonscout: Vor drei Jahren deutete sich mit der Serie PAINT! bereits ein Wandel in deinem künstlerischen Schaffen an. Die Morphings hatten damals ihre Geburtsstunde. Hast du damit weitergemacht? Und was sind Morphings genau?
Romy Campe: Die Morphings verbinden zwei meiner Leidenschaften in der Kunst: die Malerei mit dem Digitalen. Bei einem Morphing kombiniere ich eines meiner Gemälde mit einem meiner Fotos, praktikabler weise meist ein Selbstportrait. Es braucht bist zu 100 Fotos, bis eines den richtigen Ausdruck hat, um neben dem Gemälde zu bestehen. Danach beginnt die aufwändige Arbeit am Computer, bei der eine dritte Realität entsteht: das Morphing.
Wir sind ja auch zum einen das, was wir selbst in uns sehen. Zum anderen aber auch ein wenig der Mensch, den andere in uns sehen. Die Mischung aus beidem ist das, was uns ausmacht.
Feuilletonscout: Was wird bei Köppe Contemporary zu sehen sein? Was bedeutet BEYOND NOW?
Romy Campe: BEYOND NOW – Jenseits von JETZT – beschäftigt sich mit dem Bedürfnis, in der Zukunft oder Vergangenheit zu leben bzw. zu denken. Im HIER UND JETZT zu sein, fällt unglaublich schwer.
Die Bilder der Ausstellung zeigen Visionen der menschlichen Existenz und umfassen Bereiche der Vorstellungskraft, des Begehrens, des Träumens und des Entfliehens aus dem Jetzt.
Das Leben ist nicht die Zukunft und auch nicht die Vergangenheit. Das Leben findet genau JETZT statt.
Feuilletonscout: Dein zentrales Thema ist der Mensch, immer auch mit dem Hauch von Phantastik und Surrealität. Was fasziniert dich an diesen Zwischenzuständen?
Romy Campe: Mich fasziniert der Gedanke, wie wir Menschen uns selbst wahrnehmen. Welche Träume wir haben und die Frage, warum wir sie nicht leben. Meist sind es gar nicht die aktuelle Lebenssituation oder die äußeren Umstände, die uns festhalten und uns nicht fliegen lassen, sondern die eigenen Gedanken und Vorstellungen. Wir schaffen uns durch unsere Gedanken unsere Realität. Auch wenn wir das oft nicht wahrhaben wollen.
Feuilletonscout: Immer wieder sind in deinen Bildern auch Reminiszenzen an die Alten Meister zu finden. Sind diese ein Vorbild für dich? Oder gibt es etwas, was du an ihnen besonders schätzt?
Romy Campe: Absolut. Meine großen Helden sind Rembrandt, Tizian, Goya… von ihnen kann man so viel lernen über Geduld, Ausdauer, Mut und das Schaffen großer Dinge mit sehr reduzierten Mitteln. Wenn ich darüber nachdenke, dass viele der größten Meisterwerke der Geschichte mit selbsthergestellten Farben und bei Kerzenschein entstanden sind, werde ich ganz demütig.
Rembrandt und Tizian haben mich gelehrt, meine Palette zu reduzieren und Geduld und Mut zu haben. Ich lasse mir inzwischen Zeit mit meinen Werken.
Feuilletonscout: Woher kommen die Bilder in deinem Kopf, die du dann auf die Leinwand bringst? Was wir sehen ist ja oft dunkel und düster.
Romy Campe: Ich denke meine Bilder sind schon lange nicht mehr düster. Das waren sie mal, stimmt. Jetzt erscheinen meine Motive oft aus dunklem Grund heraus, was sie zum Leuchten und Scheinen bringt. Schau dir die Bilder von Rembrandt an. Unglaublich, wie er es schafft, die Menschen in seinen Gemälden zum Glühen zu bringen. Und das auf sehr dunklem Untergrund.
Meine Kunst hat immer etwas mit mir und meiner Lebenssituation zu tun. Ich kann keine Kunst produzieren, die ich nicht fühle. Das ist mal eine scheinbar ausweglose Situation, manchmal Wut über die Zustände in der Welt, aber oft auch Zuversicht und Aufbruchsstimmung. Immer aber Reflektionen meiner Innen- und Außenwelt und die der Menschen um mich herum. Ich zeige (Seelen-)Zustände, die mich bewegen und die ich nachvollziehen kann. Dadurch kommen die Motive von ganz allein.
Feuilletonscout: Machen
dir deine Bilder manchmal Angst?
Romy Campe: Überhaupt nicht. Sie
geben Hoffnung und bringen zum Nachdenken.
Feuilletonscout: Ein
wiederkehrendes Motiv bei dir ist der Widder. Warum?
Romy Campe: Der Widder, mit seinen
gekrümmten Hörnern, seiner Kraft und seinem Mut steht, als mythische
Symbolgestalt, für das Durchsetzungsvermögen und für den Widerstand gegen
alles, was ihn bedrängt. Manchmal braucht es eben Hörner, um bei sich zu
bleiben.
Feuilletonscout: Wie viel Romy Campe ist in den Bildern, die du malst? Sind darin – wie wir es von van Gogh kennen – auch verdeckte Selbstporträts?
Romy Campe: Absolut. Aber nicht im Bildlichen Sinne des Motivs. „Echte“ Selbstportraits gibt es nur sehr wenige und die sind nicht veröffentlicht. Die Fotografien in den Morphings bilden da eine Ausnahme.
Wie schon oben geschrieben, sind es die Seelen-Zustände, die mich interessieren. Entweder meine eigenen oder die der Menschen, die mir nahestehen. In diesem Sinne kann man die Arbeiten auch als Selbstportraits verstehen.
Feuilletonscout: Mit KUNSTLEBEN BERLIN, dem von dir gegründeten, inzwischen größten Kunstmagazin für Berlin, stehst du permanent im Austausch mit anderen Künstlern. Empfindest du dies als Inspirationsquelle?
Romy Campe: Natürlich. Ich beschäftige mich viel mit dem Gedankengut und der künstlerischen Umsetzung anderer Künstler. Allerdings behindert mich das auch immer mehr. Es herrscht eine unglaubliche Reizüberflutung durch die Social Medien. Deshalb versuche ich zu meinem Kern zurück zu finden. Die alten Meister halten mich in Ruhe, lassen mich bei mir bleiben und inspirieren mich gleichzeitig.
Feuilletonscout: Was möchtest du, sollen die Menschen, die deine Bilder betrachten, mitnehmen?
Romy Campe: Gedanken über das eigene Selbst und die selbst erschaffene Realität. Gedanken über Träume und darüber, ob diese Träume bleiben müssen.
Feuilletonscout: Was wärst du geworden, wenn nicht Künstlerin?
Romy Campe: Ich bin vieles. Auch jetzt schon. Kunst ist der Teil von mir, der meine Seele zeigt. Deshalb wäre ein Teil von mir wahrscheinlich immer Künstler geworden. Nicht zwingend Maler, aber Künstler.
Feuilletonscout: Hast du einen künstlerischen Traum?
Romy Campe: Mehr Zeit für die Kunst zu haben.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Romy!
BEYOND NOW
Ausstellung vom 29. November 2019 bis 10. Januar 2020
Vernissage: Do. 28, November 2019, 19 Uhr
Köppe Contemporary
Knausstraße 19
14193 Berlin
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 16 bis 19 Uhr
Samstag 11 bis 17 Uhr
und nach telefonischer Vereinbarung
Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.
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Ein aussagekräftiges, tiefgründiges Interview.
Die Ausstellung wird ein weiterer Meilenstein für die Kunst von Frauen sein – da bin ich mir sicher!