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Salzburger Festspiele: Aida Garifullina und Plácido Domingo fischen Perlen

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Die konzertante Aufführung der Pêcheurs de Perles von Georges Bizet ist einer der musikalischen Höhepunkte der diesjährigen Salzburger Festspiele. Ein altgedienter spanischer Tenor und eine blutjunge russische Diva versetzten das Publikum in Trance. Von Stephan Reimertz.

Als Napoléon III. das Neue Paris anlegen ließ, Baron Hausmann die Boulevards durch die Stadt zog und das typische Pariser Wohnhaus kreierte, da schrieb auch Georges Bizet seine Oper Les Pêcheurs des Perles. Dieses eindringliche, phantastische Werk erscheint uns heute als die französische Oper des neunzehnten Jahrhunderts schlechthin. Der junge Bizet schlug hier einen eleganten Bogen von der Grand Opéra zur lyrischen Oper. Er arbeitete in Arien, Duetten und Chören mit einer schlichten liedhaften Grundform und rundete sein Werk zu einer Oper neuen Typs. Bei den Salzburger Festspielen können Sie nun die Augen schließen und das Werk ganz nach Ihrem Geschmack selbst inszenieren, oder sie können das eingängige Libretto, das Michel Carré und Eugène Cormon in eingängigem, leichten Französisch schrieben, mitlesen. Wieder einmal zeigt sich, wie sehr die konzertanten Aufführung die besten Inszenierung ist.

 

Zwischen Grand Opéra und Opéra lyrique

Wenn ich die Augen schließe und die eingängigen Melodien an mir vorbeiziehen lasse, versetzt mich das Ganze weniger nach Ceylon, wo die Geschichte spielt. Der Exotismus liegt hier weniger in der Musik als in der Story. Vielmehr fühle ich mich in die Pariser Oper, den Bau von Garnier, zurückversetzt, in dem heute leider allzu selten Opern gespielt werden. Wie George Bizets Perlenfischer, so ist auch die Opéra-Garnier vollkommener Ausdruck des letzten Aufleuchtens von Paris. Riccardo Minasi leitete im Großen Festspielhaus das Museumsorchester Salzburg und vermittelte uns den Esprit dieser Musik mit einem Lyrismus und einer Leichtigkeit, die allein schon die Standing Ovations gerechtfertigt hätten. Diese galten freilich in erster Linie der Prominenz von Plácido Domingo, der es in seinem Alter von siebenundsiebzig Jahren fertigbringt, zur gleichen Zeit in Bayreuth die Walküre zu dirigieren und in Salzburg einen der beiden Liebhaber der Göttin Laïla zu singen. Sind seine Tempi als Kapellmeister in Bayreuth auch etwas schleppend, so hört man dem blendend aussehenden Tenor in Salzburg sein Alter nicht an.

 

Les Pêcheurs de perles 2018: Plácido Domingo (Zurga), Aida Garifullina (Leïla), Riccardo Minasi (Musikalische Leitung), Javier Camarena (Nadir), Stanislav Trofimov (Nourabad), Mozarteumorchester Salzburg / © Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

Die russische Operngöttin

Ceylon verbinden wir Europäer in der Regel mit Tee. Von Georges Bizet lernen wir, dort werden auch Perlen gefischt. Da die nächtlichen Tauchgänge der Perlenfischer gefährlich sind, müssen sie sich der Protektion einer Göttin versichern. Die russische Sopranistin Aida Garifullina ist einer der jungen Stars der internationalen Musikszene und singt z. Zt. in Paris, Wien und Barcelona. Die strahlende Schönheit mit dem auch in den Koloraturen durchschlagenden Sopran und der frischen und distinguierten Erscheinung hatte keinerlei Schwierigkeiten, eine Göttin der Perlenfischer zu verkörpern. In charmanter Weise deuteten alle Sänger dieser konzertanten Aufführung Handlungselemente an. Nadir (Javier Camarena) und Zurga (Plácido Domingo) sind die ebenso stimmstarken wie einfühlsamen ehemaligen Verehrer der Laïla. Der russische Bassist Trofimov Stanislav als Nourabad sang geradezu furchterregend die Stimme der ewigen göttliche Gesetze, dem jeder sich zu beugen hat. Der Philharmonia Chor Wien fungierte als eine moderne Form des griechischen Chores, zugleich Fischerinnen und Fischer als auch den Kommentar zur Handlung verkörpernd. Die magische, unwiderstehliche Musik ruft nach einer zugleich prachtvollen und subtilen Inszenierung. In Salzburg konnte jeder das hinreißende Werk schon einmal in seinem Kopf mit Bildern versehen.

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